Sollte sich der Deutsche Filmpreis heuer zu der Kategorie "Begossener Pudel" hinreißen lassen, die Auszeichnung dafür gebührte niemandem deutlicher als Klaus Behrendt als Kriminalhauptkommissar Max Ballauf in der Tatort-Folge Klassentreffen vom Sonntag. Ballauf reiste zwecks eines solchen nach Essen, um dort nach 30 Jahren jene Leute wieder zu sehen, mit denen er einst das Abi gemacht hatte. Selten sah man unglaubwürdigeres und lebensfremderes Schauspiel als beim dargestellten Treffen.

Foto: ORF/ARD/Willi Weber

Günstigerweise wurde ein ehemaliger Klassenkamerad erschlagen, ungünstigerweise jener, mit dem Ballauf davor Streit hatte. Das Lebenslicht ausgeblasen wurde einem Typen, der Essen und seine Ruhrpott-Nachbarstädte zur Kulturhauptstadt organisiert hatte, die am vergangenen Wochenende, wie zufällig, eröffnet wurde. Bis die bald vermutete Täterin auch vom Drehbuch überführt wurde, entpuppte sich der Tatort als Belangsendung der auffrisierten und hübsch angedirndelten Industrielandschaft von Essen.

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Eine üble Tradition, das. Auch die verflossene Kulturhauptstadt Linz hatte zum Werbezweck einen Tatort missbraucht. Unter solchen Marketingvorgaben muss die Handlung naturgemäß leiden - was bewiesen wurde.

Ballauf irrlichterte emotional aufgewühlt durch den Fall, der ihm nebst einer erfolgreichen Wiedervereinigung mit seiner Jugendliebe auch einen Mordverdacht bescherte. Damit nicht genug, konfrontierte ihn sein Partner Fredddy Schenk auch noch mit seinem eindimensionalen Lebenswandel, was Konfusion, Selbstzweifel und gar eine Currywurst-Depression begünstigte. Nur Grönemeyer hat noch gefehlt. (Karl Fluch, DER STANDARD; Printausgabe, 12.1.2010)

 

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