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Freizeitfahrer haben von Blut, Schweiß und Tränen genug, glauben Händler. Statt mit beinharten Rennen vergnüge man sich lieber abseits der Piste im Gelände.

Foto: AP/Winfried Rothermel

Der Sporthandel schlägt sich souverän in der Krise. Mit Skiern ist aber trotz des Neuschnees nichts zu verdienen. Die Industrie versucht sich im Freestyle und erteilt Brettln aus China eine Abfuhr.

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Wien - Der frische Schnee lockt die Österreicher auf die Piste und hilft Händlern dabei, ihre Lager zu leeren. Das apere Geschäft der Skiindustrie kann er dennoch nicht verdecken. Die Talfahrt der Branche setzt sich heuer in der Wintersaison fort, und in absehbarer Zeit ist auch kein Aufschwung in Sicht.

Gut acht Millionen Paar wurden Anfang der 90-er Jahre weltweit verkauft. Im Vorjahr waren es optimistischen Schätzungen zufolge gerade einmal drei Millionen und damit um knapp 15 Prozent weniger als 2008. Österreichweit sank der Absatz einmal mehr um zehn Prozent auf 300.000 Paar, rechnet Helmut Exenberger, der Chef von Blizzard, vor. Und die meisten seiner Kollegen sind sich einig, dass der Bedarf weiter abnimmt.

Die Krise ließ den nordamerikanischen Markt um 25 Prozent einbrechen. In Japan verliert die Skibranche auch abseits konjunktureller Turbulenzen an Boden. Europa hält den Herstellern zwar die Stange, hier kommt ihnen aber der wachsende Skiverleih in die Quere. Die Franzosen etwa borgen bereits 80 Prozent ihrer Brettln aus, erzählt Fischer-Chef Franz Föttinger. Der Anteil werde auch in Ös-terreich stark steigen, für die Industrie bringe das einen noch härteren Verdrängungswettbewerb.

Zumal die Lust aufs Skifahren generell nachlässt: Vielen sind die Liftpreise zu hoch, andere können es schlicht nicht. Die Zeiten, in denen jeder auf Schulskiwochen auf Kurs getrimmt wurde, sind vorbei.

Verdienen ließe sich mit Skiern auch im Handel nichts, bestätigen Manager von Gigasport und Intersport. Die Margen seien zu dünn, Skier dienten meist als reine Lockartikel. Vor allem in Ostösterreich werde früh und kräftig gedumpt.

Ob Marktführer Atomic, Head, Fischer oder Blizzard: Es gibt mittlerweile keinen unter ihnen, der keine Werke in Billiglohnländern betreibt. In Österreich verblieb neben Entwicklungsarbeit allein die Produktion hochwertiger Skier.

Die harten Einschnitte kosteten in Europa tausende Arbeitsplätze. Viele Hersteller fahren aber nach wie vor herbe Verluste ein. Blizzard sieht sich nun auf gutem Weg zum Turnaround. Fischer ist überzeugt, noch in diesem Geschäftsjahr nachhaltig in die Gewinnzone zurückzukehren.

Brettln made in China

Nicht gut zu sprechen ist man auf Skier made in China. Das ganze sei künstlich hochgespielt worden, in Österreich eine vernachlässigbare, durch missverständliche Statistiken verfälschte Größe, so der Tenor. Tatsächlich ließen nur K2 und der deutsche Hersteller Völkl in China fertigen - in einem einzigen Werk. Klaus Hotter, Head-Wintersport-Chef, sieht Ski aus Asien im besten Falle 15 Prozent des Weltmarktes halten. Weitere Fabriken seien nicht geplant. China fehle es an Know-how und vor allem an der nötigen Zulieferindustrie, ergänzt Föttinger.

So schaumgebremst sich die Industrie gibt, so beschwingt zeigt sich der Sportartikelhandel. Auch wenn das reine Skigeschäft wenig abwirft, mit Textilien und Ausrüstung rundum steuern die meisten Ketten sicher durch die Krise. Einige zählen sich sogar zu den Gewinnern. Statt in die Ferne zu reisen und teure Autos zu kaufen, investierten viele in günstiges Freizeitvergnügen, kurzum in Sportgeräte, sind sich Hervis-Geschäftsführer Alfred Eichblatt und Christian Mann von Intersport einig. Alle beide sprechen von deutlichen Umsatzzuwächsen ihrer Unternehmen und weiterer Expansion in Österreich und Osteuropa.

Intersport werde auch heuer im Monatstakt zusätzliche Märkte eröffnen, sagt Mann. Diskonter Hervis plant in Österreich bis Jahresende zumindest drei neue Shops.

In Sachen Skisport sehen Händler neben Tourengehern vor allem Freestyler im Kommen. Die Zeit der totalen Konzentration auf den Rennsport mit Schweiß, Blut und Tränen laufe ab, so Eichblatt. Das Vergnügen zähle und mit ihm Ski für Wege abseits der Pisten. Der Freeride in Tiefschnee und Gelände biete seiner Industrie ein neues Betätigungsfeld, ist sich auch Fischer-Chef Föttinger sicher. In den USA blieben immer mehr Abfahrten bewusst unpräpariert, und der Trend erreiche Europa. Die Hersteller lassen daher Touren- mit Freestyle-Skiern verschmelzen. Auch die vor zwei Jahren wiederbelebte Marke Kästle setzt auf dieses Pferd, sagt ihr Chef Siegfried Rumpfhuber. Nur von Skiern ab einer Preisklasse von 1000 Euro könne keiner leben, das habe man mittlerweile gelernt. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.01.2009)