Salzburg - Im Fall jenes an Aids erkrankten Nigerianers, der Ende 2009 von der Sicherheitsdirektion Salzburg den Ausweisungsbescheid zugestellt bekommen hatte, verteidigt nun die Behörde ihr Vorgehen. Wie vom STANDARD  berichtet, befürchtet man bei der Aids-Hilfe Salzburg, wo der 40-Jährige mit einer Kombinationstherapie behandelt wird, dass der Mann im Fall der Abschiebung nach Nigeria das Jahr 2010 nicht überleben werde. Die Fortsetzung der lebensrettenden Therapie wäre in Nigeria unmöglich.

Die Beamten hätten die Fachkenntnis über die medizinischen Möglichkeiten in den Herkunftsländern gar nicht, meint dazu Bernhard Rausch von der Sicherheitsdirektion. Man verlasse sich auf die Staatendokumentation des Bundesasylamtes. Diese sei wie ein Sachverständigengutachten. Und in dieser Dokumentation sei eben festgehalten, dass "Aids in Nigeria behandelbar" sei. Die Behörde habe daher gar keine Möglichkeit, den Mann zu legalisieren.

Ganz anders als die Staatendokumentation des Bundesasylamtes beurteilt man bei der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" die Lage in Afrika. In Nigeria etwa hätten zwei Drittel der mit dem HI-Virus Infizierten keinen Zugang zur Therapie, so Florian Breitenecker von "Ärzte ohne Grenzen" . Zudem wären in Nigeria wichtige Medikamente nicht zu erhalten. Breitenecker, Mediziner an der HIV-Abteilung des Wiener AKH, wendet sich strikt gegen eine Abschiebung von Aids-Patienten. Für die rund einhundert HIV-positiven Asylwerber in Österreich müsse eine humanitäre Lösung gefunden werden.

Keine Reisedokumente

Konkret dürfte sich die geplante Abschiebung des Mannes aber ohnehin nicht so einfach vollziehen lassen, meint auch Fremdenpolizist Rausch. Wenn der abgelehnte Asylwerber über keine Reisedokumente verfüge, benötige man vom Herkunftsland Ersatzdokumente. Es sei "ein offenes Geheimnis" , das solche Heimreisezertifikate oftmals nicht ausgestellt würden. Die Abzuschiebenden blieben damit vorerst in Österreich. Würden sie von der Exekutive aufgegriffen, müssten sie zwar zur Abklärung, ob inzwischen Ersatzdokumente vorliegen, verhaftet werden, kämen aber bald wieder frei, erklärt Rausch.

Einfacher wird die Lage des Aids-Kranken dadurch nicht. Da er mit dem Abschiebebescheid auch aus der Grundversorgung falle, könne er nicht mehr mit den Medikamenten für die lebenswichtige Kombinationstherapie rechnen, beschreibt die Leiterin der Salzburger Aids-Hilfe Maritta Teufl-Bruckbauer das Dilemma. (Thomas Neuhold/DER STANDARD-Printausgabe, 12.1.2010)