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Wien - Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat viele Staaten in hohe Schulden getrieben. Bisher konnten die meisten Länder ihre hohen Defizite dank der lockeren Notenbankpolitik billig finanzieren - einige Staaten, wie das krisengebeutelte Irland oder Griechenland, zahlen für ihre Staatspapiere hohe Risikoprämien.

Analysten und Experten warnen aber, dass die Tage des billigen Geldes für Staaten gezählt seien. Dabei wollen alleine europäische Staaten heuer 912 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen, sagen Analysten der US-Bank Citigroup (rund 7,5 Prozent der Wirtschaftsleistung der Europäischen Union). Viele Marktteilnehmer kehren den Staatspapieren daher den Rücken. Zinsen auf zehnjährige deutsche Bundespapiere sind in den vergangenen Wochen 0,25 Prozentpunkte auf rund 3,4 Prozent gestiegen, in Griechenland etwa liegt der Zins bei 5,59 Prozent, ein Risikoaufschlag von 2,2 Prozentpunkten.

Kopfzerbrechen bereiten in der Eurozone neben Griechenland auch noch Spanien, Irland und Portugal (von US-Analysten gerne als PIGS abgekürzt). Im Schnitt steigt die Staatsverschuldung dieser Länder bis 2011 im Vergleich zu 2007 um fast 100 Prozent. Die Ratingagentur und internationale Investoren strafen die Schuldensünder auch dafür ab. Portugal dürfte als nächstes Land mit einer Herabstufung seiner Bonität durch die Ratingagentur Moodys rechnen, wie ein hochrangiger Analyst im Gespräch mit der Financial Times am Montag meinte.

Hoher Konsolidierungsbedarf

Analysten der dänischen Danske Bank schätzen den Konsolidierungsbedarf für die PIGS daher auch besonders hoch ein. Bis zu vier Prozent müssten die Staaten jährlich ihr primäres Defizit (diese Größe ist um Konjunkturauf- und abschwünge bereinigt) senken, um wieder die Maastricht-Kriterien von 60 Prozent Schuldenstand zu erfüllen. Österreich muss hingegen "nur" mit einem Tempo von rund 0,8 Prozent pro Jahr konsolidieren.

Doch nicht nur in Griechenland, Spanien und Irland schlummert die Gefahr stark steigender Zinsen als Reaktion auf ausufernde Defizite. In den USA haben Staatspapiere in den vergangenen Wochen einen Ausverkauf gesehen: Zinsen auf zehnjährige US-Papiere sind um mehr als 0,6 Prozentpunkte gestiegen, doppelt so schnell wie in Deutschland.

Zudem wetten immer mehr professionelle wie private Marktakteure gegen Staatsanleihen. Nach Daten der CFTC (US Commodity Futures Trading Commission), die Derivatemärkte in den USA regulieren, setzen immer mehr Händler auf steigende Zinsen und damit fallende Kurse von US-Staatsanleihen. Die Summe dieser offenen Wetten ist allein in den letzten drei Wochen um 50 Prozent gestiegen und hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdreifacht. Auch Fonds und strukturierte Produkte für diese Wetten, die an Privatanleger vertrieben werden, gewinnen an Popularität.

Befeuert wird dieser Trend von Analysten wie David Greenlaw von Morgan Stanley. Er schätzt, dass der Zins auf US-Papiere 2010 um 40 Prozent auf rund 5,5 Prozent steigt, ein "unangenehmes Umfeld" für Staaten. Diese Entwicklung würde den Aufschwung abwürgen, schließlich sind viele wichtige Zinssätze (etwa Hypotheken- und Unternehmenskredite) an die Staatspapiere gebunden.(Lukas Sustala, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 12.1.2010)