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Israel wird noch einen langen Zaun bauen, aber diesmal nicht zum Schutz vor palästinensischen Selbstmordterroristen, sondern vor afrikanischen Migranten. Premier Benjamin Netanjahu will 190 Millionen Euro aufwenden, um die rund 270 Kilometer lange, löchrige Grenze, die Israel von der ägyptischen Sinai-Wüste trennt, schwerer passierbar zu machen. Die ersten beiden Teilstücke sollen im Norden beim Gazastreifen und im Süden beim Rotmeerbadeort Eilat entstehen.

"Israel wird für Kriegsflüchtlinge weiterhin offen bleiben", hieß es in einem Statement von Netanjahu, "aber wir können nicht zulassen, dass tausende illegale Arbeiter unser Land überschwemmen." Der Abgeordnete Zachi Hanegbi erkannte gar "ein Phänomen, das die Existenz und die Identität des Landes bedroht - wir sind wie ein Scheinwerfer, der Millionen Arbeitsmigranten in einem Ozean der Armut entgegenblinkt". Israel sei das einzige entwickelte Land, "in das man aus Afrika zu Fuß gehen kann", wurde Netanjahu zitiert.

Mithilfe von Menschenschmugglern erreichen fast täglich kleine Gruppen von Flüchtlingen aus dem Sudan, Eritrea und Somalia über den Sinai die israelische Grenze. Einige werden von ägyptischen Grenzpatrouillen gestellt, wobei immer wieder auch Schüsse fallen. Allein in den letzten acht Monaten sollen 17 Schwarzafrikaner von den Ägyptern erschossen worden sein. Die Israelis schicken einen Teil der Eindringlinge sofort zurück und haben selbst keine geordnete Auffangpolitik.

Menschenrechtsorganisationen fordern eine Unterscheidung zwischen Wirtschaftsmigranten, die bloß Arbeit suchen, und Kriegsflüchtlingen, die durch eine Abschiebung in Lebensgefahr kämen und einen Asylanspruch hätten. Die israelischen Behörden haben deshalb 500 Darfur-Flüchtlingen offiziell Asyl gewährt, sagen aber, dass die Unterscheidung in der Praxis kaum möglich sei.

Insgesamt dürften sich mindestens 17.000 afrikanische Asylanten in Israel aufhalten, die meisten ohne Arbeit und in improvisierten Elendsquartieren. Viele haben sich bis in den Raum von Tel Aviv im Zentrum des Landes durchgeschlagen, rund 2000 sind aber allein im kleinen Eilat konzentriert, wo sie laut Bürgermeister Meir Halevi ein "demografisches Problem" geworden sind. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 12.1.2010)