Als Zweitgeborener hat man es schwer. Das darf man als Zweitgeborener ruhig festhalten. Man will spielen, das ältere Kind sagt: "Ich mag lesen." Man will etwas gemeinsam malen: "Ich gehe ins Kino." Manchmal, so beginnt dieses Kinderbuch, "ist meine Schwester eine Giraffe. Sie stolziert umher und beachtet mich nicht." Eine Frechheit! Der jüngere Bub wird dann zum "Stinktier" und stänkert herum. Iris Wewer versucht mit ihrem Buch Ich und meine wilde Schwester beiden Seiten gerecht zu werden. Jener der älteren Kinder, die nicht immer nur als Animateure herhalten wollen, und jener der Kleineren, welche die Zurückweisungen kränken.

Dass trotz zwischenzeitigem Gezeter die Kinder dann doch wieder zueinanderfinden, ist logisch. Das Buch ist wohl an Kinder gerichtet, die in einer ähnlichen Konstellation stecken, und ein guter Versuch, gegenseitiges Verständnis zu wecken. Wie lange das im Alltag nachwirkt, sei dahingestellt. Konzipiert wurde die Geschichte für Kinder ab dem dritten Lebensjahr - dementsprechend kurz und leicht verständlich fallen die Texte aus. Die Betrachter sehen das Geschwisterpaar in Tierkostümen gezeichnet - im Anfangsbild sitzt der Kopf des Mädchens auf einem Giraffenkörper. Es ist das erste Kinderbuch der deutschen Kommunikationsdesignerin. So, wie es ausgefallen ist, sollte es nicht das letzte bleiben. (Peter Mayr; DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. Jänner 2010)