Am Montag begann vor dem Obersten Verwaltungsgericht Tschechiens in Brünn das lange erwartete Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme tschechische Arbeiterpartei (Delnická strana - DS). Die öffentliche Anhörung vor Gericht soll bis Donnerstag dauern. Wann eine Entscheidung fallen wird, ist aber unklar. Das Verfahren wurde von der Regierung des parteilosen Premiers Jan Fischer eingeleitet, da es ihrer Meinung nach Beweise für den verfassungsfeindlichen Charakter der DS geben soll.

Einen vergleichbaren Anlauf für ein Verbot der Arbeiterpartei unternahm bereits die Vorgängerregierung im Frühjahr 2009. Der Antrag wurde allerdings von den Verwaltungsrichtern wegen fehlende Beweise abgelehnt. Die Arbeiterpartei versuchte sich als Opfer von politischer Verfolgung darzustellen. Bei den EU-Wahlen erhielt sie lediglich etwas mehr als ein Prozent der Stimmen, bekam aber vom Staat die Wahlkampfkosten zurückerstattet.

Diesmal überließ die Regierung nichts dem Zufall und lässt sich in Brünn von Tomas Sokol, dem wohl bekanntesten Anwalt des Landes, vertreten. Sokol versuchte dort unter anderem zu beweisen, dass es eine personelle Verflechtung zwischen der Partei und der offiziell verbotenen neonazistischen Gruppe "Nationaler Widerstand" gibt, die im Internet weiter besteht. So fand sich etwa in der ersten Ausgabe der parteieigenen Zeitung der DS auf der Titelseite die Schlagzeile "Nationaler Widerstand" .

Bisher wurden Rechtsextremisten nur wegen des Handels mit illegalen Tonträgern oder Hakenkreuz-Tätowierungen verfolgt. Neben mehreren öffentlichen Kundgebungen an Staatsfeiertagen, kam es im Vorjahr aber auch zu Aufmärschen vor Romasiedlungen, bei der auch mit Molotow-Cocktails geworfen wurde. Bei einem Brandanschlag gegen ein von einer Romafamilie bewohntes Haus in der mährisch-schlesischen Gemeinde Vitkov im Frühjahr 2009 erlitt ein zweijähriges Mädchen lebensgefährliche Brandverletzungen. Der mutmaßliche Brandstifter von Vitkov soll die Arbeiterpartei finanziell unterstützt haben.

Erstmals wurden jedoch 2009 auch offene Drohungen gegen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ausgesprochen, die jüdischen Glaubens sind. Das traf unter anderem auch auf Premier Jan Fischer zu, der seinen jüdischen Glauben auch praktiziert. Die Familie des Regierungschefs wird seit geraumer Zeit verstärkt beschützt, da es konkrete Hinweise für einen geplanten Anschlag gegeben haben soll, und laut Medienberichten hat auch Fischer selbst vor einiger Zeit an einem speziellen Sicherheitstraining teilgenommen. (Robert Schuster aus Prag/DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2010)