Wien - Den österreichischen Banken dürften bei der Bilanzerstellung für 2009 nach Einschätzung von Experten weitere Abschreibungen ins Haus stehen. Neben den Risikovorsorgen könnten ihnen die teilweise hohen Firmenwerte bei den Osttöchtern Kopfzerbrechen bereiten, meint Erich Kandler im "WirtschaftsBlatt" vom Dienstag.

Bei der ukrainischen Tochter der Raiffeisen International (RI), Bank Aval, rechnet Sal. Oppenheim-Analyst Thomas Stögner mit einer Berichtigung des Firmenwertes in dreistelliger Millionenhöhe. Auch eine komplette Abschreibung des Firmenwertes (201 Mio. Euro) sei möglich. Den Zeitungsbericht wollte ein RI-Sprecher nicht kommentieren. Die RI hat Firmenwerte in der Höhe von rund 570 Mio. Euro in den Büchern. In der Vergangenheit habe es einen massiven Stellenabbau bei der Aval-Bank gegeben. Bis Ende September 2009 sind im Jahresabstand knapp 11 Prozent der Mitarbeiter abgebaut worden. Ein weiterer Stellenabbau werde nicht ausgeschlossen, hieß es.

Keine Riesensummen

Auf dem größten Goodwill (3,7 Mrd. Euro) von den Austrobanken sitzt die Erste Group. Davon entfällt laut dem Bericht der Löwenanteil (2,1 Mrd. Euro) auf die rumänische Tochter BCR. Für 2008 wurden bereits 480 Mio. Euro abgeschrieben. Weitere Abschreibungen, aber keine Riesensummen erwartet Marion Swoboda-Brachvogel, Analystin bei CA Cheuvreux. Für 2009 werde es keine weiteren Firmenwertabschreibungen geben, erklärte eine Erste-Group-Sprecherin auf APA-Anfrage.

Die UniCredit-Tochter Bank Austria, die für das Ost-Geschäft innerhalb des italienischen Konzerns exklusive Polens zuständig ist, weist einen ähnlich hohen Firmenwert (3,3 Mrd. Euro) aus. Für einzelne Auslandstöchter oder Länder wird er nicht ausgewiesen. Für 2008 mussten mehr als 400 Mio. Euro bei der kasachischen Tochter ATF Bank abgeschrieben werden. Darüber hinaus wurde der Goodwill auch bei der ukrainischen Tochter reduziert. Die Bank Austria wollte den Zeitungsbericht nicht kommentieren. (APA)

Erich Kandler, Bankenexperte beim Wirtschaftsprüfer Deloitte legt in einen Leserbrief Wert auf folgende Richtigstellung:


Sehr geehrte Damen und Herren!


Zu diesem Beitrag muss ich festhalten, dass ich dem zitierten Wirtschaftsblatt am Montag - wie schon öfter - zu rein fachlichen Rechnungslegungs- und Bankrechtlichen Fragen Auskünfte erteilt habe, die auf Seite 3 des Wirtschaftsblatts vom Dienstag zutreffend dargestellt waren. Zu den dort widergegebenen Analystenaussagen habe ich mich nicht geäußert vielmehr: ich habe Sie gar nicht gekannt. Der Chefredakteur des Wirtschaftsblatts hat das Thema Bankenabschreibungen für Dienstag als Schlagzeile auserkoren und dort auch meinen Namen verwendet (was nicht besprochen war).

Ich muss darauf hinweisen, dass die Kurzfassungen der Wirtschaftsblatt Story leider irreführend sind. Sie suggerieren durch das erwähnen von Milliarden an Firmenwerten in den Bankbilanzen, dass Deloitte oder ich von hohen Firmenwertabschreibungen bei den österreichischen Großbanken ausgehen. Da ich Ihnen gegenüber gar keine Aussagen und schon gar nicht über konkrete Gesellschaften (von denen ich gar nichts weiß) abgegeben habe, noch einmal die Fakten aus dem Gespräch mit dem Wirtschaftsblatt:

Im IFRS Konzern ausgewiesene Firmenwerte sind jährlich auf ihre Werthaltigkeit zu überprüfen (Impairmenttest). Dieser Test erfolgt analog zu Unternehmensbewertungen als Diskontierung zukünftiger Zahlungsströme. Diese wiederum sind aus den aktuellen Einschätzungen der wahrscheinlichen zukünftigen Entwicklungen abzuleiten, wobei die Annahmen am „langen Ende" entscheidend sind. Wenn also in „weniger entwickelten" Volkswirtschaften (im Besonderen Nicht EU bzw. Nicht Euro Länder) vor Kurzem hohe Kaufpreise bezahlt wurden, kann sich insbesondere dann ein Impairmenterfordernis ergeben, wenn gegenüber den Annahmen zum Kaufzeitpunkt jetzt ein nachhaltig niedrigeres reales BIP Wachstum zu erwarten ist. Der Spielraum bei den Annahmen ist derzeit relativ groß. Sobald aber wieder Transaktionen erfolgen, werden damit automatisch die Parameter "objektivierbarer". So nebenbei wurde diskutiert, dass Impairments im Normalfall keine Auswirkungen auf die bankrechtlichen Eigenmittel (Tier 1 Kapital) haben, da Firmenwerte bereits Abzugsposten darstellen. Das IFRS Eigenkapital ist aber betroffen und reduziert es sich um die Impairments sowie Währungsumechnungseffekte.

Ich bedaure, dass Deloitte und mein Name im Zusammenhang mit "hohen Firmenwertabschreibungen im Osten" genannt wurde, wenn ich vielmehr bemüht war darzustellen, dass Firmenwertabschreibungen - wenn überhaupt - nur in begrenzten Einzelfällen (Stichwort: weniger entwickelte Länder) in der Zukunft schlagend werden könnten. (red, derStandard.at,14.1.2010)