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Premier Blair beim Besuch der britischen Truppen im Irak im Dezember 2006

Foto: APA/EPA/Macdiarmid

Tony Blairs ehemaliger Spindoktor und Vertrauter Alastair Campbell verteidigte den britischen Ex-Premier vor dem Irak-Untersuchungsausschuss.

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Er habe an vielen wichtigen Besprechungen teilgenommen, aber keinen Einfluss auf politische Entscheidungen gehabt, sagte Tony Blairs ehemaliger Spindoktor Alastair Campbell vor dem Irak-Untersuchungsausschuss in London. Und verteidigte auch seinen ehemaligen Chef. Blair habe dem damaligen US-Präsidenten George Bush zwar schon Monate vor dem Sturz Saddam Husseins die militärische Beteiligung Großbritanniens am Einmarsch in den Irak schriftlich zugesichert. Gleichzeitig habe Blair die US-Administration aber zur Ausschöpfung aller diplomatischen Mittel gedrängt. "Er hoffte bis zuletzt auf eine friedliche Lösung."

Campbell war neun Jahre lang Blairs Pressesprecher und Strategie-Berater; im Regierungsviertel Whitehall galt er als "Vizepremier". Seine mit Spannung erwartete Aussage beim Tribunal läutet die politische Phase der Befragungen ein, die den Hintergrund, Verlauf und das Nachspiel des Irakkriegs aufklären sollen.

Schwerster Fehler

Weite Teile der britischen Öffentlichkeit lasten Blair den "schwersten Fehler britischer Außenpolitik der vergangenen Jahrzehnte" an, wie der konservative Ex-Außenminister Malcolm Rifkind sagt. Die Erkenntnisse westlicher Geheimdienste über Saddam Husseins angebliche Massenvernichtungswaffen seien "detailliert, ausführlich und zuverlässig", hatte Blair dem Unterhaus gesagt. Die Untersuchung durch einen Ausschuss ergab hingegen schon 2004: Was die Schlapphüte wussten, war "begrenzt, verstreut und zusammengestoppelt".

Der legendäre Spindoktor Campbell wehrte sich robust gegen den Vorwurf, er habe ein Regierungsdossier zu Iraks ABC-Waffen im September 2002 manipuliert: "Das war ein Dokument der Geheimdienste, der zuständige Koordinator hatte freie Hand. Und ich verteidige jedes Wort." Zum damaligen Zeitpunkt seien sich alle westlichen Geheimdienste einig gewesen, dass der irakische Diktator trotz eindeutiger UN-Verbote weiterhin an ABC-Waffen baue.

Mehrfach verwahrte sich Campbell gegen "unfaire" Fragen. Anders als in den bisherigen Sitzungen bemühten sich die Ausschuss-Mitglieder - zwei Professoren, ein früherer Botschafter sowie zwei Ex-Spitzenbeamte - um einen robusten Fragestil; in der britischen Presse waren sie wegen ihrer bisher allzu höflichen Vorgehensweise kritisiert worden.

Campbell betonte die Eigenständigkeit der britischen Position. Blair sei zwar mit den Amerikanern einig gewesen im Ziel des "Regimewechsels" im Irak. Dieser wäre aber auch durch die Kooperation Saddam Husseins mit der UN möglich gewesen, der Krieg habe sich bis zuletzt vermeiden lassen. Campbell widersprach damit dem damaligen britischen Botschafter in Washington, Christopher Meyer, der gesagt hatte, Blair habe bereits bei einem Treffen mit Bush in Crawford im April 2002 den amerikanischen Invasionsplänen zugestimmt. (Sebastian Borger aus London/DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2010)