Flachau - Lindsey Vonn ist noch immer verschnupft wegen der vergangene Woche geäußerten "Gewichtskommentare". Obwohl eine klärende Aussprache mit ÖSV-Damenchef Herbert Mandl längst erfolgt ist, wies die 25-jährige Weltcup-Führende nun in US-Medien die Kommentare der ÖSV-Trainer nocheinmal zurück. Sowohl in ihrer Kolumne in der Denver Post als auch bei einer Telefonkonferenz vor dem Nachtslalom in Flachau beklagte sich Vonn bitter, erklärte aber auch, dass die Aussagen für sie eine "Extramotivation" dargestellt hätten.

Das Ergebnis ist bekannt. Vonn gewann in Haus beide Abfahrten und den Super-G und damit als erste seit Katja Seizinger 1997 drei Rennen an drei aufeinanderfolgenden Tagen an einem Ort. Über 71.000 Euro Preisgeld, vor allem aber die 300 Weltcuppunkte in 72 Stunden haben die derzeitige Sonderstellung der US-Amerikanerin, die ohne Verletzungen im kommenden März wohl zum dritten Mal in Folge als Gesamtsiegerin dastehen wird, unterstrichen.

Vonn nutzte jedenfalls die Gelegenheit, um ihrer Enttäuschung über die Diskussion, wonach größere und schwerere Abfahrerinnen vor allem in Gleitabfahrten Vorteile hätten, Luft zu machen.

"...dann würden sich alle nur noch die Bäuche vollstopfen"

Auf Facebook verwies die 1,78 m große und nach eigenen Angaben 70 Kilo wiegende Vonn auf ihren Artikel in der mit "Übergewicht? - Das kann nur ein Scherz sein" übertitelten Story der Denver Post. Im Telefonat mit mehreren US-Medien meinte sie: "Beim Skifahren geht es darum, dass du Kraft hast und beweglich bist. Wenn bloß Gewicht das Erfolgsgeheimnis wäre, würden sich alle nur noch die Bäuche vollstopfen."

Die im Salzburger Red-Bull-Trainingszentrum unter "Laktatpapst" Bernd Pansold wahrscheinlich härter als jede andere trainierende Vonn wehrt sich generell gegen die Gewichtsdiskussion bei Frauen, die einfach höchst unpassend sei.

Hausgemachtes Problem

Die Thematik bekommt freilich spätestens dann einen seriösen Charakter wenn man weiß, dass die derzeit größten österreichischen Speed-Fahrerinnen (Regina Mader sowie die verletzte Maria Holaus) gerade einmal 1,68 m groß sind. Womöglich hat die seit Jahren gepflegte ÖSV-Strategie, die Rennläufer über die Technik zu potenziellen Gesamtsiegerinnen aufzubauen, leichte und bewegliche Typen bevorzugt. Das vermutet auch die zurückgetretene Doppel-Olympiasiegerin Michaela Dorfmeister. Ein ähnliches Problem hat man - abgesehen von vielen Verletzungen - auch im Herren-Bereich, wo die Abfahrtsmannschaft vor einigen Jahren aufgelöst und durch eine "Speed-Kombigruppe" ersetzt wurde.

Kritik von Schröcksnadel

Die Folgen sind da wie dort ersichtlich. Bei den Damen war es schon lange nicht mehr so leicht, ins Speed-Weltcupteam oder selbst zu Olympia zu kommen. Mandl kann mangels qualifizierter Läuferinnen nicht einmal mehr die volle Quote ausschöpfen, "dabei arbeiten wir akribischer als vor fünf Jahren", versicherte er. Das wiederum veranlasste ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel in Haus ungefragt zum Kommentar, im Damenteam würde "zu viel analysiert" und zu wenig "einfach skigefahren".

Und wenn das Glück fehlt, kommt bekanntlich noch Pech dazu, in diesem Fall das Saison-Aus für Maria Holaus. "Sie ist in der Abfahrt nicht zu ersetzen", so Mandl. Auch im Nachwuchs - mit Nicole Schmidhofer ist das größte ÖSV-Talent 1,58 m "groß" - sah es schon besser aus. "Die Motivation der Eltern für diesen gefährlichen Sport hält sich in Grenzen, die Mädchen kommen relativ spät mit der Abfahrt in Berührung. Wenn man dann so schnell wie jetzt im Weltcup landet, fehlt oft der Mut", analysierte der Niederösterreicher.

Umgekehrt läuft es offenbar in den technischen Bereichen. Mandl: "Hier beginnt man mit dem Rennlauf so früh, dass die Mädchen mit 15 oft schon lustlos sind. Und die Menge an Talenten wie früher haben wir sicher nicht mehr. "

Dennoch will man der Linie treubleiben. Die vor Jahren schon als "neue Pröll" gefeierte Anna Fenninger (20) soll ihre intensive "Ausbildung" zur Allrounderin fortsetzen. Nur für die bevorstehenden olympischen Spiele will man Ausnahmen machen, damit sich die Salzburgerin auf die Speedbewerbe konzentrieren kann. (APA/red)