Rom/Wien  - Durch die jüngste Gewalt in Rosarno in der süditalienischen Region Kalabrien ist das Leid der Migranten, die dort als Saisonarbeiter arbeiten, an die internationale Öffentlichkeit gelangt. Die internationale Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) verurteilt in einer Presseaussendung die "anhaltende Vernachlässigung und Ausbeutung dieser verwundbaren Bevölkerungsgruppe".

"Die jüngsten Phasen der Gewalt und der Feindseligkeit sind ein extremes Symptom der chronischen Verwahrlosung, der diese Migranten in Italien ausgesetzt sind" so Loris de Filippi, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen. "Sie sind zwar ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitskraft in der italienischen Landwirtschaft, werden aber nur zu leicht ausgebeutet." Die Saison-Arbeiter in Süditalien müssten unter extrem schwierigen Lebensbedingungen ihr Dasein fristen: Oft lebten sie in heruntergekommenen Häusern oder Fabriken und seien Regen und kaltem Wetter ausgesetzt. Diese Orte hätten sehr schlechte sanitäre Einrichtungen, und der Zugang zu medizinischer Versorgung sei eingeschränkt. "Die meisten Krankheiten, die unser medizinisches Team behandelt, hängen mit ihren schrecklichen Lebens- und Arbeitsbedingungen zusammen, wie zum Beispiel Atemwegserkrankungen, Muskelschmerzen oder Magen-Darmentzündungen."

Ärzte ohne Grenzen leistet eigenen Angaben zufolge seit 2003 in verschiedenen Regionen Süditaliens (Apulien, Kampanien, Kalabrien, Sizilien, Lazio und Basilicata) humanitäre Hilfe für diese Migranten. Das letzte Hilfsprojekt in Piana die Gioia Tauro startete erst im Dezember, als die Migranten für die Ernte-Saison zusammenkamen. Mit einer mobilen Klinik hat das MSF-Team die meisten Orte besucht, wo die Migranten lebten. Zwischen dem 21. und dem 23. Dezember hat Ärzte ohne Grenzen Hilfs-Kits mit Decken, Wassereimern und anderen Hilfsgütern verteilt, um das Leid der 2.000 Saison-Arbeiter im Winter zu lindern.

Seit Ärzte ohne Grenzen mit den Saisonarbeitern arbeitet, hat die Organisation immer wieder die erschütternden Lebensbedingungen angeprangert und die Behörden gedrängt, Maßnahmen zur Verbesserung der humanitären Situation von Migranten zu ergreifen. Mit zwei Berichten ("A Season in Hell", 2008 und "The fruits of hypocrisy", 2005) hat Ärzte ohne Grenzen die dramatischen Bedingungen aufgezeigt, unter denen Migranten leben, die das ganze Jahr auf den Bauernhöfen Süditaliens arbeiten. "Für die Tausenden Migranten, die auf italienischen Bauernhöfen arbeiten, hat sich seit 2003, als wir das Programm gestartet haben, wenig geändert. Jahr für Jahr kehren unsere Teams in dieselben Gebiete zurück und sehen dieselben grauenhaften Bedingungen, die wir durch medizinische und humanitäre Hilfe zu erleichtern suchen. Es ist höchste Zeit, dass die italienischen Behörden Maßnahmen setzen, durch die die Lebensbedingungen dieser Arbeiter und ihr Zugang zu Gesundheitsversorgung verbessert werden und dafür zu sorgen, dass ihre Würde zu respektiert wird", so Loris de Filippi. (APA)