Schlecker sieht sich in Deutschland seit Tagen mit scharfen Vorwürfen konfrontiert. Die Drogeriekette soll Teile der Stammbelegschaft durch Meniar-Leiharbeiter ersetzt haben, die nur die Hälfte des üblichen Gehalts bekommen. Die deutsche Regierung trat auf den Plan und prüft die Vorwürfe. Schlecker wies sie stets zurück, gab am Dienstag aber bekannt, ab sofort keine neuen Arbeitnehmerüberlassungsverträge mit der Firma Meniar mehr abschließen zu wollen.
Österreichische Gesetzeslage besser
In Österreich gibt es in dieser Hinsicht keine Beschwerden, berichtet der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft GPA-djp, Karl Proyer. Der Kollektivvertrag (KV) für die Arbeitskräfteüberlassungsbranche, der erstmals im März 2002 in Kraft trat, ist nämlich besser dotiert als der KV für die Handelsangestellten. "Schlecker müsste Zeitarbeitern also zwischen 100 und 300 Euro mehr zahlen", so Proyer. Auch sämtliche Arbeitnehmerschutz- und Fürsorgepflichten des Dienstgebers gelten in Österreich für Zeitarbeiter wie "regulär" Beschäftigte gleichermaßen. Zustände wie bei Schlecker Deutschland seien in Österreich deshalb grundsätzlich nicht möglich, ist sich Proyer sicher.
Auch was die quasi schon traditionellen Scharmützel der Gewerkschaft mit Schlecker Österreich betrifft, scheinen sich die Wogen etwas geglättet zu haben. Vor wenigen Monaten sah das noch anders aus.
Fragebögen
Im Frühjahr 2009 hatten Gewerkschafts-Vertreter fast alle rund 1.200 österreichischen Schlecker-Filialen besucht und persönliche Gespräche mit den Beschäftigten geführt. In Fragebögen wurden die Arbeitsbedingungen erhoben. Die Ergebnisse ließen damals gegenüber einer ähnlichen Befragung im Jahr 2005 leichte Verbesserungen erkennen, veranlassten die GPA dennoch dazu, aufgrund zahlreicher Missstände erstmals die sozialpartnerschaftliche Schlichtungsstelle zu den Arbeitsbedingungen im Handel anzurufen. Allgemein klagte die Gewerkschaft stets über "ständige Versuche der Geschäftsführung, die Aktivitäten der GPA-djp zu torpedieren".
Im Herbst startete die Gewerkschaft schließlich eine bundesweite Aktion, in deren Rahmen direkt vor Schlecker-Filialen Unterstützungserklärungen für konkrete Verbesserungen der Beschäftigten gesammelt wurden. 4000 Unterschriften wurden gesammelt, eine Zahl, die etwa jener der österreichischen Schlecker-Mitarbeiter entspricht.
"Druckmittel in der Hand"
Die Bemühungen scheinen gefruchtet zu haben: Mittlerweile habe man eine "vernünftige Gesprächsbasis" zur Geschäftsleitung, und die österreichischen Schlecker-Beschäftigten werden mittlerweile von der GPA-djp "sehr gut serviciert", so Proyer. Eine von der Gewerkschaft eingerichtete Online-Plattform bietet Schlecker-Beschäftigten die Möglichkeit zum Austausch.
Ein Blick in dieses Forum zeigt, dass viele Beschäftigte weiterhin über untragbare Verhältnisse in Form von Abmahnungen, Taschenkontrollen, Vertragsänderungen und Stundenkürzungen klagen. Proyer ist dennoch zuversichtlich, dass man in den Gesprächen auf einem guten Weg ist. Durch das Forum sei der Organisationsgrad der Schlecker-Beschäftigten hoch, dadurch habe man ein "starkes Druckmittel" gegenüber der Geschäftsführung in der Hand. (red, derStandard.at, 13.1.2010)