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Unternehmer-Chef Alexander Schochin: weitere Wünsche.

Foto: AP/Mori

Der russische Premierminister Wladimir Putin will die als "Oligarchengewerkschaft" bezeichnete russische Unternehmerlobby RSPP künftig an den Regierungssitzungen teilnehmen lassen. Der Vorsitzende des Russischen Industriellen- und Unternehmerverbands, Alexander Schochin, hofft, dass dadurch Gesetzesvorhaben mit den Vertretern des Big Business schon vorzeitig besprochen werden und nicht erst, wenn alles bereits beschlossene Sache ist.

"RSPP-Chef Alexander Schochin hat das erreicht, was bisher keinem Unternehmensvertreter gelang: Das Recht, an den Regierungssitzungen offiziell und auf ständiger Basis teilzunehmen", urteilt die Wirtschaftszeitung Kommersant. Bisher war es den Unternehmensvertretern nur erlaubt, in bestimmten Fällen auf Einladung der Regierung an den Sitzungen teilzunehmen. Im Gegensatz dazu hatten die Vertreter der freien Gewerkschaften noch aus der Zeit der Sowjetunion das Recht, an den Regierungssitzungen teilzunehmen.

Im RSPP sind mehr als tausend Unternehmen, die über 60 Prozent des russischen BIP erwirtschaften. 2000 sind die damals 18 größten Oligarchen dem RSPP beigetreten. Vorausgegangen war ein Treffen mit dem damaligen Präsidenten Wladimir Putin, der den Wirtschaftsbossen einen Deal anbot: Wenn sie sich aus der Politik heraushielten, dann mische sich die Politik auch nicht in ihre Geschäfte ein.

Als Folge der Wirtschaftskrise schmolzen die Vermögen der Oligarchen jedoch dramatisch. Laut dem Magazin Forbes haben die 100 reichsten Russen durch die Krise mehr als 380 Milliarden Dollar (262 Mrd. Euro) verloren. Viele konnten ihre Imperien nur mit der massiver Unterstützung des russischen Staates retten.

Laut Sergej Gurijew, Rektor der New Economic School in Moskau und einer der führenden russischen Ökonomen, könnten die Unternehmensvertreter nun dazu beitragen, Lösungswege zu finden, die russische Wirtschaft effizienter und moderner zu machen sowie das Investitionsklima zu verbessern.

"Es ist sehr wichtig, einen regulären Kanal für die Einbeziehung der Unternehmer zu schaffen" , sagte Gurijew dem Standard. Allerdings bedeute die Entscheidung, Unternehmensvertreter zu den Sitzungen einzuladen, nicht automatisch, dass die Regierung auch zuhören werde.

Für Schochin ist mit der formalen Teilnahme an den Sitzungen noch lange nicht die Wunschliste erfüllt. Der RSPP-Chef fordert, dass es zwischen Unternehmern und Ministerien eine engere Zusammenarbeit gebe. Wie diese aussehen soll, will Schochin mit Putin im April beim RSPP-Gipfel besprechen. (Verena Diethelm aus Moskau/DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2010)