"Wir brauchen eine Trendwende - jetzt unmittelbar und nicht irgendwann." Als die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Anfang der Woche diese Worte sprach - die ersten öffentlichen übrigens im neuen Jahr -, da stockte manchem Zuhörer kurz der Atem. Doch halt! Merkel sprach ja gar nicht über den Steuerstreit in ihrer Regierung, sondern über Artenschutz in der Natur.

Gewiss, ein wichtiges Thema. Aber es ist nicht das, was die Deutschen jetzt von Merkel erwarten. Seit Amtsantritt der schwarz-gelben Bundesregierung im November ist selbige nur am Streiten und somit um nichts besser als die 1998 von allen Seiten verlachte rot-grüne Koalition mit ihrem Stolperstart. Die FDP schreit permanent nach Steuersenkungen, die CDU bremst, die CSU sagt mal so, mal so.

Da und dort wird schon der Ruf laut, Merkel möge doch endlich ein Machtwort sprechen, gar ein "Basta!" rufen, wie es ihr Vorgänger Gerhard Schröder gerne tat. Den Gefallen wird Merkel niemandem tun. 20 Jahre ist sie in der Politik, und es war noch nie ihre Art, mit der Faust auf den Tisch zu hauen. Stattdessen kopiert sie einfach Altkanzler Helmut Kohl und versucht die Sache auszusitzen.

Lange wird das nicht mehr möglich sein. Steuerpolitik ist ja im Regierungs-Stundenplan kein Schmetterlingsfach, sondern ein zentrales Feld, das Herzstück des Koalitionsvertrags. "Basta!" muss Merkel nicht sagen. Einen kleinen Hinweis, womit sie rechnen können, würden Millionen deutsche Bürger aber dankbar entgegennehmen. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2010)