Von Geschäften auf krisenbedingt tiefem Niveau wollen die Siemensianer in der Siemens-City in Floridsdorf hoch hinaus.

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Nach dem "Tal von Blut und Tränen" hofft man bei Siemens Österreich auf bessere Zeiten. Auch räumlich, denn es steht der Umzug in die 65 Millionen Euro teure Siemens-City in Floridsdorf ins Haus.

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Wien - Als ein "Tal von Blut und Tränen" beschreibt Siemens-Österreich-Chefin Brigitte Ederer das am 30. September abgelaufene Geschäftsjahr 2009. Die Zahlen geben ihr recht: Wohl stieg der Umsatz um 6,3 Prozent auf 2,97 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis brach aber um 95,9 Prozent auf 4,5 Millionen Euro ein und der Jahresüberschuss um 27,4 Prozent auf 95,8 Mio. Euro.

Ederer glaubt, das Schlimmste hinter sich zu haben und ohne weitere Restrukturierung auszukommen, angesichts des um 34 Prozent geschmolzenen Auftragseingangs (auf 2,23 Mrd. Euro) scheint dies aber doch einigermaßen ungewiss. Insbesondere beim Stahlwerksbau VAI in Linz, seit der Übernahme der VATech größter Ertragsbringer im österreichischen Siemens-Reich.

Bei VAI sind die Auftragseingänge gar um 48 Prozent (auf 1,17 Mrd. Euro) weggebrochen, der Umsatz ging um 13,7 Prozent auf 1,53 Mrd. Euro zurück, die Zahl der Beschäftigten um 200 auf 3300. Mit einiger Zeitverzögerung, warnen Insider, wenn bestehende Auftragspolster abgearbeitet sind und der massive Einbruch im Stahlsektor schlagend werde, drohe ein tiefes Loch, das mit kleineren Erweiterungs-, Modernisierungs- oder Elektroaufträgen kaum zu füllen sein wird.

Aufgrund massiver Finanzierungsprobleme, die das Geschäft mit Großanlagen vor allem in Märkten wie der Ukraine lahmlegten, musste Siemens zahlreiche Stornos verbuchen, zumindest aber Sistierungen auf unbestimmte Zeit hinnehmen.

Ederer und Finanzchef Reinhard Pinzer schließen weiteren Personalabbau dennoch aus, auch für die VAI. Nach dem Hype Anfang 2008 sei man auf ein niedriges Niveau zurückgefallen, das dafür aber stabil sein sollte. Gerüchte, die sich seit Monaten hartnäckig halten, Siemens wolle die Stahlwerkssparte, im Prinzip noch immer ein Fremdkörper in dem auf Medizintechnik, Energie und Verkehrssysteme spezialisierten Elektromulti, lieber heute als morgen verkaufen, verweist man im Konzern einmal mehr ins Reich der Fantasie.

Bei der innerhalb der Sparte SIS aufgespaltenen hauseigenen Softwareschmiede PSE (sie geriet mit dem Verkauf des Telekomgeschäfts massiv unter Druck und zählt nur teilweise zum Konzerngeschäft) sei die Hälfte des Sozialplans abgearbeitet, für rund 300 Beschäftigte würden noch Alternativen gesucht, sagte Ederer.

Sorgenkinder, wenngleich auf sehr niedrigem Niveau, finden sich auch im Beteiligungsspiegel: Ein negatives Ergebnis lieferten das von Siegendorf und Linz abgespaltene Elektronikwerk in Sibiu in Rumänien und VATech in Großbritannien. Wie sehr die letzte, vorübergehend aufs Abstellgleis gestellte Tranche des ÖBB-Schnellzugs Railjet ersehnt wird, lässt sich auch am negativen Ergebnisbeitrag der Siemens-Verkehrstechnik in Wien ablesen.

Volumsmäßig, etwa im Transformatorengeschäft, fallen die Rückgänge in diversen Branchen nicht wirklich auf. Das liegt daran, dass Siemens Österreich seinen Aktionsradius wieder erweitert hat: Ederer ist für Ungarn und die Slowakei nicht nur via CEE-Cluster zuständig, sie hat dem Stammhaus in München die beiden Landesgesellschaften gleich abgekauft. Wieder fast wie geschmiert läuft auch das Trafo-Geschäft, der Auftragseingang blieb mit minus fünf Prozent moderat, der Umsatz sei auf 480 Mio. Euro gestiegen.

Apropos: Für das von der EU-Kommission aufgedeckte Trafo-Kartell wurden vier Millionen Euro zurückgestellt. (ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.01.2009)