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Tilo Berlin hat bereits Erfahrungen mit der Justiz. Er sagte 2008 im Swap-Prozess als Zeuge aus. Damals angeklagt:Kulterer, Striedinger, Morgl (sitzend, v. li.).

Foto: APA/Gert Eggenberger

Knalleffekt bei den Ermittlungen rund um die Übernahme der Kärntner Hypo durch die Bayerische Landesbank: Die Münchner Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch den Kreis der Beschuldigten ausgeweitet und geht zudem neuen Verdachtsmomenten nach. Laut Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung ist Tilo Berlin ins Visier der Anklagebehörde geraten. Berlin hatte sich als Chef einer Investorengruppe 2006 bei der Hypo eingekauft.

Kurz darauf wurde die Beteiligung von 25,1 Prozent gewinnbringend an die BayernLBweitergereicht. Zudem hatte die Münchner Bank Berlins Investment teilweise finanziert. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die Landesbank insgesamt 400 Millionen Euro zu viel für die Hypo bezahlt hat, und ermittelte bereits gegen deren früheren Chef Werner Schmidt wegen Verdachts der Untreue. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

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München/Wien - Die Münchner Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch bekanntgegeben, dass sie ihre Ermittlungen in der Causa BayernLB rund um den Kauf der Klagenfurter Hypo Group Alpe Adria ausgedehnt hat. Ermittelt werde nun gegen mehrere Personen (nicht aber gegen aktive oder ehemalige Verwaltungsratsmitglieder) und auch wegen neuer Verdachtsmomente.

In ihrem Visier seien sämtliche Vorstandsmitglieder der bayerischen Landesbank, die beim Kauf der Hypo dabei waren. Sie stünden im Verdacht der Untreue, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung ohne Angabe von Quellen. Neben früheren sollen auch amtierende Manager betroffen sein.

Laut einem Online-Bericht der Süddeutschen Zeitung ermittelt die Justiz auch gegen Investor und Ex-Hypo-Chef Tilo Berlin. Er hat am Dienstag vor der Münchner Staatsanwaltschaft ausgesagt, ob als Zeuge oder Beschuldigter wurde nicht bekanntgegeben. Sprecher von Berlins Klagenfurter Investmentgesellschaft Berlin & Co Holding am Mittwoch: "Sämtliche Vorgänge, an denen Herr Berlin im Zug des Hypo-Verkaufs beteiligt war, waren korrekt und im Einklang mit allen Gesetzen." Berlin unterstütze die Aufklärung durch die Behörden.

Bisher wurde gegen Ex-Bayern-Bankchef Werner Schmidt ermittelt, ihm wirft man vor, die Hypo 2007 um 400 Mio. Euro zu teuer gekauft zu haben (Verdacht der Untreue). Schmidt weist die Vorwürfe zurück. Für alle der Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Die Fakten: Die von Vermögensverwalter Berlin zusammengestellte Investorengruppe ist 2006 bzw. 2007 in die Kärntner Bank eingestiegen und hat beim Weiterverkauf der Anteile an die BayernLB (der Vertrag wurde im Mai 2007 unterschrieben) an die 160 Mio. Euro verdient.

Die Staatsanwaltschaft prüft, ob das alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Das wäre nicht der Fall, wenn Berlin schon beim Einstieg (die erste Aktientranche wurde im Dezember 2006 gezeichnet; die Hypo hätte ohne diese Geldspritze die gesetzlichen Kapitalerfordernisse nicht mehr erfüllt) gewusst hätte, welchen fixen Aufpreis die Bayern später zahlen würden.

Die Landesbank suchte damals nach einem Einstieg in Südosteuropa und kaufte 51 Prozent, basierend auf einem Gesamtwert von 3,2 Mrd. Euro. "Kärnten ist reich" , hatte das der damalige Landeschef Jörg Haider kommentiert; das Land hat 830 Mio. Euro kassiert.

Die Besetzung der Berlin-Gruppe ist nicht offiziell. Industriellenchef Veit Sorger, Ex-Manager Michael Gröller, Ex-Hypo-Aufsichtsratschef und Kika-Boss Herbert Koch oder Skilegende Harti Weirather zählten jedenfalls ebenso zu den rund 50 Privatinvestoren wie reiche Deutsche und Schweizer.

Der Appetit der Bayern auf die Hypo habe ihn überrascht, soll Berlin seine Sicht darstellen. Günstigen Kredit, den die Bayern für den Deal offerierten, nutzte man gerne. Beim Ankauf des 16-prozentigen Hypo-Pakets der Grawe, das ebenfalls an die Bayern weiterging, hat die BayernLB der Gruppe Berlin günstigere Zinsen als andere Banken geboten; es soll um 300 Mio. gegangen sein. Die Gesellschaft schuldete daher um.

Letztlich wurden alle Kredite rückgeführt, zum Teil früher als geplant - und daher gegen Strafzinsen. (gra, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.01.2009)