Wiesbaden - Mit einer gigantischen Neuverschuldung hat Deutschland im Krisenjahr 2009 erstmals seit vier Jahren wieder gegen EU-Defizitkriterien verstoßen. Das Staatsdefizit stieg mit 77,2 Mrd. Euro auf 3,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Damit überschritt Deutschland erstmals seit 2005 wieder das Maastricht-Kriterium. Diese EU-Regel erlaubt höchstens ein Defizit von 3,0 Prozent des realen BIP.

Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen gaben unter dem Strich im vergangenen Jahr deutlich mehr Geld aus, als sie einnahmen. Die Einnahmen verringerten sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 2,2 Prozent. Insbesondere die Steuereinnahmen waren rückläufig. Zugleich stiegen die Ausgaben deutlich um 5,0 Prozent - unter anderem wegen Ausgaben für Kurzarbeit und Konjunkturprogramme.

Absturz

Volkswirte hatten vor allem wegen der explodierenden Ausgaben bereits damit gerechnet, dass Deutschland die Maastricht-Hürde reißen würde. Den Absturz der deutschen Wirtschaft konnten aber auch die staatlichen Finanzspritzen für die Konjunktur nicht verhindern: Das reale BIP brach nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes um 5,0 Prozent ein. Deutschland stürzte in die tiefste Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik.

Im Jahr 2008 hatte Deutschland erstmals seit der Deutschen Einheit wieder aus eigener Kraft einen ausgeglichenen Staatshaushalt erreicht. Im Jahr 2000 hatte es wegen eines Sondereffekts, der Versteigerung der UMTS-Lizenzen, ebenfalls einen Überschuss gegeben.

Deutschland hatte das Maastricht-Kriterium bereits in den Jahren 2002 bis 2005 überschritten. 2006 war erstmals seit fünf Jahren wieder die zulässige Obergrenze eingehalten worden. Brüssel hatte das Defizitverfahren gegen Deutschland im Juni 2007 eingestellt. (APA)