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Wer nicht mit wohlhabenden Eltern gesegnet ist, der erfährt in der Schule Benachteiligungen: keine Teilnahme an der Sportwoche oder unfaire Benotungen etwa.

Foto: AP/Frank Augstein

Wien - Obgleich in Österreich eigentlich jedes Kind dieselben Bildungschancen haben sollte, werden Kinder aus armen Familien mit vielerlei Hindernissen konfrontiert, die sie an einer hohen Bildung und Ausbildung hindern. Die sogenannten "Early School Leavers" - junge Menschen, die die Schule abbrechen und sich auch danach in keiner Ausbildung befinden - kommen vorwiegend aus armen, niedrig-qualifizierten Elternhäusern, oftmals mit Migrationshintergrund. 10 Prozent aller 18 bis 24-Jährigen zählen zu dieser Gruppe, zeigt eine Studie der IHS (Institut für höher Studien), die am Mittwoch im Rahmen einer Enquete unter dem Titel "Zukunft trotz(t) Herkunft" präsentiert wurde.

Österreich hat im EU-Vergleich zwar keine überdurchschnittlich hohe Quote an diesen "Bildungs-Abbrechern", allerdings sind die Gründe, warum es vor allem Kinder aus bildungsfernen Schichten so oft betrifft, nicht nur bei der familiären Umgebung zu suchen. Neben der frühen Schul-Selektion mit 9 Jahren, sind es vor allem fehlende Sozialleistungen, fehlende Sozialarbeiter und Psychologen, und unfaire Notenvergaben, die arme Kinder doppelt so hart trifft wie andere.

Mütter als Halbtagslehrerinnen

Das beginnt etwa bei der Tatsache, dass niedrig-qualifizierten Eltern aufgrund ihrer eigenen geringen Vorkenntnisse nicht mit ihren Kindern lernen können, erklärt Gabriele Schmid, Bildungsexpertin der Arbeiterkammer (AK), gegenüber derStandard.at. "Andererseits haben aber genau diese Menschen auch kein Geld für Nachhilfe." Die Förderung und Forderung der Kinder zu Hause sei  - ob bewusst oder unbewusst - in vielen dieser Familien nicht ausreichend vorhanden. Eine Verantwortung die nun mehr und mehr die Schule übernehmen soll und muss. "Es ist nicht mehr zeitgemäß, dass Mütter als Halbtagslehrerin arbeiten und mit ihren Kindern die Hausübung erledigen", sagt Schmid. 2005 waren es laut einer Befragung im Auftrag der Arbeiterkammer immerhin noch 63 Prozent aller Eltern, die in der Volksschulzeit mit ihren Kindern gemeinsam lernen.

Wer gute Noten hat, bekommt mehr Geld

Ein weiteres Problem betrifft die Sozialleistungen, von denen Betroffene oft gar nichts wissen und deren Höhe und Vergabe von Bundesland zu Bundesland stark variiert. Den größten Zuschuss können Kinder mit der SchülerInnenbeihilfe erhalten, die durchschnittlich bei 947 Euro im Jahr liegt. Diese ist allerdings an einen Notendurchschnitt (derzeit bei 2,9)  gekoppelt, was nun gerade schwache Schüler aus dem Bezieherkreis exkludiert. "Gerade die, die es ohnehin schon schwer haben, kommen wieder zum Handkuss", meint Schmid. Weiters bekommen derzeit rund 10,8 Prozent aller SchülerInnen die Beihilfe ausbzehalt, die Anzahl von Kindern und Jugendlichen, die in Einkommensarmut leben müssen, liegt allerdings bei 14,6 Prozent. Martin Schenk von der Armutskonferenz und Gabriele Schmid von der Arbeiterkammer fordern deshalb, dass die Vergabe der Beihilfe nicht mehr an den Notendurchschnitt gekoppelt werden soll, es allerdings weiterhin für gute Noten einen Erhöhungsbeitrag geben soll.

Mehr Sprachkurse, externe Projekte

Was Eltern aus einkommensschwachen Haushalten ebenfalls immer mehr in die Bredouille bringt, sind die wachsende Anzahl an externen Schulveranstaltungen. "Natürlich sollen sich die Schulen nach außen hin öffnen, aber gleichzeitig bedeutet das auch, dass von den Eltern mehr Geld aufgewendet werden muss", so Schmid. Die Beihilfen für Schulveranstaltungen - die auch hier wieder stark regional variieren - sind meistens nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Für einen Sprachkurs muss man teilweise mit 1000 Euro rechnen, die Höhe der Unterstützung endet meist bei 200 Euro.

Arbeitsmarkt statt Bildung

Wer einmal das Handtuch geworfen hat und die Schule verlassen hat, dem steht auch keine rosige Zukunft bevor. Die Gefahr der 18- bis 24-jährigen Schulabbrecher, arbeitslos zu werden, ist doppelt so hoch wie die ihrer Alterskollegen, die länger in der Schule waren. Problematisch sei nach Schulabbruch die fehlende Unterstützung von Seiten der Schule und der Gesellschaft. "Man sollte sich stärker um diese Abbrecher bemühen, ihnen neue Möglichkeiten aufzeigen, anstatt die Selektierung zu betonen", meint Schmid. Präventiv wird in Österreich nicht viel getan, um jemanden vom Schulabbruch abzuhalten, hält auch Martin Steiner vom IHS fest. Anstatt die Reiintegration ins Bildungssystem zu forcieren, wird danach meistens versucht, die Jugendlichen in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Leistung ist nicht gleich Leistung

Doch auch wenn sich ein Schüler aus einer einkommensschwachen Familie noch so viel Mühe gibt und viel Begabung zeigt, heißt das nicht, dass er dieselben Chancen hat, eine höheren Schule besuchen zu können, wie jemand aus einer reichen Familie. Einerseits werden, wie Günther Haider (Direktor des BIFIE) bei seinem Vortrag darlegte, Kinder aus ärmeren Familie bei gleichen Test-Ergebnissen oft schlechter benotet als ihre reicheren SchulkollegInnen. Und auch wenn die Noten entsprechend hervorragend sind, gehen Kinder aus diesen benachteiligten Gruppen viel seltener an eine AHS. (Teresa Eder/derStandard.at, 13.01.2010)