Teheran/Wien - Insider halten die iranische Behauptung, Israel stecke hinter der Ermordung des iranischen Physikers Massud Ali-Mohammadi am Dienstag in Teheran, für absurd. Unterstellt wird dabei ja, dass Israel mit Ali-Mohammadi einen wichtigen Nuklearexperten des iranischen Atom(waffen)programms beiseiteschaffen wollte. Dieser These fehlt jedoch eine entscheidende Grundlage: Der Mann arbeitete überhaupt nicht auf dem Gebiet der Kernphysik.

Behrooz Bayat, selbst ein Atomwissenschafter aus dem Iran, hat sich die Arbeit gemacht, die wissenschaftlichen Publikationen Ali-Mohammadis - darunter in sehr renommierten Zeitschriften, wie Bayat betont - unter die Lupe zu nehmen: Dieser habe, so Bayat zum Standard , auf völlig anderen Gebieten gearbeitet, nämlich in der Elementarteilchenphysik und der theoretischen Physik.

Damit sieht Bayat die Annahme bestärkt, dass das Regime selbst hinter dem Bombenanschlag von Dienstag stecken könnte. In der Tat würde damit ein zweifacher Zweck erfüllt. Israel und die USA würden als Hauptfeind aller Iraner wieder ins Spiel gebracht. Die Atomfrage ist die einzige, die die iranischen Lager noch eint. Einige Oppositionelle scheinen sogar noch härtere Positionen einzunehmen als das Regime selbst.

Der zweite Zweck könnte eine starke Botschaft an Oppositionsfiguren und deren Unterstützer gewesen sein. Ali-Mohammed war definitiv ein Anhänger des Präsidentschaftskandidaten Mir-Hossein Mussavi, mehr noch, er hatte sich nach der Niederschlagung der Proteste nach den Präsidentschaftswahlen gegen die Repressalien des Regimes gegen Studenten gewandt.

Parlamentspräsident Ali Larijani - einer der Gegner von Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad im konservativen Lager - ist am Mittwoch mit der Behauptung hervorgetreten, eine monarchistische iranische Gruppierung habe die Verantwortung für den Anschlag übernommen und diese stehe unter Führung der CIA. Beobachter sprechen von einer Verschärfung der Spaltung im konservativen Lager, immer mehr wollen den harten rechten Kurs nicht mittragen. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 14.1.2010)