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Gulinelli ging wort- und grußlos.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - "Total überraschend und äußerst seltsam." So hat sich für Österreichs Volleyball-Teamkapitän Matthias Pack der Rücktritt von Teamchef Flavio Gulinelli dargestellt. Aufspieler Pack (24) führte das Team zuletzt zum Erfolg beim Novotel-Cup in Luxemburg. Die Teilnahme hatte sich Gulinelli bei seinem Amtsantritt im Oktober 2009 gewünscht. Angetreten und gewonnen wurde dann ohne ihn. "Nach dem Jahreswechsel ist er nicht mehr bei uns erschienen" , sagt Pack. "Schade um ihn. Jetzt beginnt die Arbeit wieder bei null."

Gulinelli, Weltmeister-Trainer Italiens und Champions-League-Finalist des Vorjahrs (mit Iraklis Thessaloniki), hätte Österreich zur Heim-EM 2011 führen sollen. Der Italiener begann engagiert, sichtete Talente, besuchte Spiele auch der Klubs in den Bundesländern. Nach dem Debakel mit Vorgänger Claudio Cuello sah der Verband (ÖVV) endlich Licht am Ende des Tunnels.

Nun sitzt Gulinelli beim türkischen Erstligisten Halkbank Ankara auf der Bank, dort soll er dreimal so viel wie in Österreich kassieren. Zurück bleiben ein junges Team und der ÖVV, dem man mangelnde Professionalität bei der Aufbereitung des Vertrags unterstellen muss. Denn Konsequenzen hat Gulinellis Handeln keine, der Vertragsbrüchige muss, trotz ÖVV-Ankündigung, auch nicht mit Klagen rechnen. ÖVV-Präsident Peter Kleinmann musste der Vertragsauflösung "wohl oder übel zustimmen" , nun sucht er einen neuen Teamchef und führt "interessante Gespräche" .

Sportlich geht's Österreichs Volleyballern wie den Fußballern (2008) und den Handballern (nächste Woche). Sie sind nur dabei, weil sie EM-Gastgeber sind. Bei den österreichischen Top-Teams hotVolleys, Hypo Tirol und Aich/Dob, die in der Mitteleuropa-Liga (MEVZA) engagiert sind, tummeln sich die Legionäre. Nur wenige heimische Spieler wie Frederick Laure und Daniel Gavan (beide Tirol) sowie Philipp Kroiss (hotVolleys) bekommen auch regelmäßig Spielzeit.

Schattendasein

Und die Austrian Volley League (AVL) verkommt zu einem Anhängsel. "Es fällt uns wirklich schwer, unseren Erfolg zu vermarkten. Vor allem bei der Sponsorensuche" , sagt Markus Gaugl, Manager des ungeschlagenen Tabellenführers Hartberg. Ende Jänner werden die Steirer den Grunddurchgang auf dem ersten Platz abschließen - später, wenn die großen drei aus der MEVZAzurückkommen, muss Hartberg froh sein, nach den Playoffs auf Rang vier zu stehen. Nichtsdestotrotz zeigt der Cupsieger von 2007, dass es auch (fast) nur mit österreichischen Spielern geht. Achtmal pro Woche trainiert die Amateur-Truppe, einige Spieler arbeiten, die meisten studieren nebenbei. Mit Pack, Markus Hirczy und Lukas Schützenhöfer stellt Hartberg drei Teamspieler.

Was dort funktioniert, nämlich Nachwuchsspieler ans Team heranzuführen, soll nächste Saison auch in der MEVZA möglich sein. Der ÖVV will ein "Team Österreich" entsenden, die Talente müssten von den Klubs abgestellt werden. "Für die hotVolleys und Tirol ist das sicher interessant, da sitzt der Großteil der Österreicher sowieso auf der Bank" , sagt Gaugl. "Für unseren Kader wäre das aber höchst problematisch." Diese Einschätzung teilen auch andere Bundesländerklubs. So hinterlässt Österreichs Volleyball auf Team- wie auf Liga-Ebene ein Jahr vor der Heim-EM den Eindruck der Orientierungslosigkeit. (David Krutzler- DER STANDARD PRINTAUSGABE 14.1. 2010)