Hauptsache man sieht, dass er niedrig sitzt und wir hoch und dass auf dem Tisch nur eine israelische Fahne steht." Dass der israelische Vize-Außenminister Danny Ayalon den türkischen Botschafter Oguz Celikkol auf einen 25 Zentimeter niedrigeren Stuhl setzen ließ, ist derart lächerlich, dass man eine gelassene Reaktion erwarten könnte. Doch wenn es um Kränkung und Stolz geht, ist man in Ankara sensibel. Premier Tayyip Erdogan fühlte sich etwa persönlich hintergangen, als Israel ohne sein Wissen im Vorjahr die Gaza-Offensive startete.
Ursache für den jetzigen Eklat ist nicht eine antisemitische TV-Serie in der Türkei, viel eher der Populismus Erdogans, der Israel wiederholt als Gefahr für den Frieden bezeichnete. 90 Prozent der Türken begrüßen nämlich solche Attacken. Zweitens aber haben die Anbindung an den Westen und gute Beziehungen zu Israel für die Türkei keine Priorität mehr. Seit Außenminister Ahmet Davutoglu eine "multidimensionale Politik" entwarf, beträgt der Horizont der Türkei 360 Grad.
Seine "neuen Osmanen" stärken unermüdlich den Einfluss und die Beziehungen zu Syrien, zu Armenien, zum Irak, zum Iran, zu Russland und auf dem Balkan. Die Türkei soll eine unentbehrliche Regionalmacht werden und die Muslime vertreten. Die Beziehung zu Israel leidet darunter. Andernorts gewinnt man Freunde. Saudi-Arabien hat Erdogan wegen seiner Nahostpolitik mit dem "König-Faisal-Preis für Verdienste um den Islam" ausgezeichnet. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 14.1.2010)