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Menschenrechte als Gradmesser: Außen-minister Spindel-egger legte seinem Kollegen Saudabajew in Wien das Kriterium für einen erfolgreichen OSZE-Vorsitz Kasachstans dar.

Foto: APA/Holzner

Wien - Wenn Kanat Saudabajew heute, Donnerstag, den 56 Botschaftern im Ständigen Rat der OSZE in der Hofburg das politische Programm für den Vorsitz der Ost-West-Organisation erläutert, tritt zur selben Stunde ein mutmaßlicher kasachischer Spion vor die Geschworenen des Wiener Landesgerichts. Der Sitzungsplan des Gerichts wollte es, dass die Agentenaffäre um den früheren Vizeaußenminister und Botschafter in Österreich mit dem offiziellen Beginn des kasachischen OSZE-Vorsitzes zusammenfällt.

Eine inhaltliche Verbindung gibt es allerdings auch. Nicht nur, dass es eigentlich Alijews Idee während seiner Zeit als Diplomat war, seinem Land als erster ehemaliger Sowjetrepublik für ein Jahr die Führung der OSZE zu verschaffen; Alijew wollte damit sein politisches Prestige für eine Präsidentschaftskandidatur in Kasachstan vergrößern.

Die Alijew-Affäre nährte aber auch Zweifel, ob Kasachstan ein akzeptabler Kandidat für die Führung der OSZE ist. Dabei gibt es zwei Schulen: die Realisten, die die Ansicht vertreten, die Kasachen könnten ohnehin nicht viel Schaden in der Organisation anrichten, die mit Konsensentscheidungen arbeitet; und die Optimisten, die auf eine allmähliche Demokratisierung Kasachstans setzen und darauf, den größten zentralasiatischen Staat mit großen Öl- und Gasreserven als Verbündeten zu gewinnen.

Berlins Sonderberater

Zu den Kasachstan-Optimisten gehört vor allem Deutschland. Die Bundesregierung in Berlin hat Kasachstans Drängen nach Anerkennung immer wieder unterstützt. Dieter Boden, ein pensionierter ehemaliger OSZE-Botschafter und UN-Missionsleiter in Abchasien, berät nun sogar die kasachische Regierung in Astana während des OSZE-Vorsitzes.

Nursultan Nasarbajew, der Staatschef, der seine Macht aus kommunistischen Zeiten in das unabhängige Kasachstan hinüberrettete, musste vom Nutzen des OSZE-Vorsitzes erst überzeugt werden. Vertrauliche Dokumente des Nationalen Sicherheitskomitees aus dem Jahr 2005 zeigen etwa, wie erbost der Staatschef über die Wahlbeobachter der Organisation war, die den Ablauf der Präsidentschaftswahl in jenem Jahr beanstandet hatten. "Die Republik Kasachstan sieht sich nicht verpflichtet, die OSZE-Beobachter im Land zu empfangen" , hieß es etwa in einer handschriftlichen Notiz Nasarbajews, über die der Standard 2007 berichtete und die später in dem anklägerischen Buch Alijews "The Godfather-in-law" noch einmal zur Veröffentlichung kam.

Geheimdienst agierte

Die Dokumente aus dem Jahr 2005 legen den Schluss nahe, dass der kasachische Geheimdienst KNB zumindest versucht hatte, internationale Wahlbeobachter zu beeinflussen. Nasarbajew wollte nun zunächst selbst für die Übernahme des Vorsitzes der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa nach Wien kommen, wendet sich heute, Donnerstag, aber mit einer Videobotschaft an die OSZE-Botschafter.

Die Reform der Wahlbeobachtung im OSZE-Raum, der - historisch bedingt - seit den Tagen der KSZEvon Vancouver bis Wladiwostok reicht und eben auch frühere mittelasiatische Staaten beinhaltet, die geografisch nichts mehr mit Europa zu tun haben, ist dabei eines der brisanten Themen, denen sich der kasachische Vorsitz nun stellen muss.

Russland möchte die OSZE-Wahlbeobachtung nach der Erfahrung mit der "Orangen Revolution" in der Ukraine und der "Rosen-Revolution" in Georgien unter politische Kontrolle stellen. Die zentralasiatischen Staaten, darunter Kasachstan, waren in der Vergangenheit stets dafür.

Kasachstan muss nun auch die Besetzung des nächsten OSZE-Vertreters für die Medienfreiheit in die Wege leiten - ungeachtet der Einschränkungen in Kasachstan selbst. Als erste Amtsaufgabe hat Kasachstans Außenminister Saudabajew aber eine Reise in den Südkaukasus angekündigt, die nach dem Krieg zwischen Russland und Georgien mit großer Aufmerksamkeit verfolgt werden wird. (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 14.1.2010)