Berlin - Die deutschen Sozialdemokraten distanzieren sich weiter von der "Agenda 2010", jenen unter Kanzler Gerhard Schröder eingeführten Arbeitsmarktreformen, die tiefe Einschnitte im Sozialstaat zur Folge hatten. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung fordert SPD-Chef Sigmar Gabriel Korrekturen beim Vermögen für ältere Arbeitslose.

Nach zwölf Monaten Arbeitslosigkeit bekommt man in Deutschland seit 2005 Arbeitslosengeld II ("Hartz IV" ). Bevor diese Grundsicherung auf Sozialhilfeniveau (359 Euro monatlich) ausbezahlt wird, müssen die Betroffenen jedoch ihr eigenes Vermögen aufbrauchen, auch jenes, das für die Altersvorsorge gedacht ist. Sie dürfen derzeit nur einen Betrag von 250 Euro pro Lebensjahr behalten. "Warum darf jemand, der 30 Jahre lang gearbeitet hat, im Fall der Arbeitslosigkeit nicht das behalten, was er für das Alter angespart hat, zum Beispiel seine Lebensversicherung?", sagt Gabriel.

Die Arbeitsmarktreform gilt als Hauptgrund für die dramatischen Wahlverluste der SPDin den vergangenen Jahren - vor allem bei der Bundestagswahl im Herbst, bei der sie nur noch auf 23 Prozent kam. Laut einer Forsa-Umfrage für den Stern hat die schwarz-gelbe Regierung derzeit zum ersten Mal seit der Wahl im September keine eigene Mehrheit mehr. Zwar hält sich die Union bei 35 Prozent, die FDPjedoch hat ein Drittel ihrer Wähler verloren und liegt bei zehn Prozent. (bau/DER STANDARD, Printausgabe, 14.1.2010)