Haiti, die Republik im Westen der Insel Hispaniola, ist auch ohne Krieg oder ethnische Konflikte zum gescheiterten Staat geworden. Mit einem Pro-Kopf-Einkommen von etwas über 600 Dollar ist es das ärmste Land der westlichen Hemisphäre, wirtschaftlich auf dem Niveau afrikanischer Staaten. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 50 Jahre, Geburtenrate und Kindersterblichkeit gehören zu den höchsten der Welt.

Während der Französischen Revolution erhoben sich 1791 die schwarzen Sklaven in der damaligen reichen Kolonie und erkämpften sich 1804 die Unabhängigkeit von Frankreich. Eine missglückte Landreform, Misswirtschaft und hohe Entschädigungszahlungen an Frankreich führten zur Verelendung, die von kleptokratischen Herrschern noch verschärft wurde. Auch die Besatzung durch die USA 1915 bis 1934 brachte keine Fortschritte.

Nach dem Sturz der langjährigen Diktatur von "Papa Doc" und "Baby Doc" Duvalier (1959-1986) übernahmen die Militärs die Macht. Der 1990 mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählte populistische Ex-Priester Jean-Bertrand Aristide wurde ein Jahr später gestürzt, dann durch eine US-Intervention vorübergehend wieder eingesetzt. Eine weitere Amtszeit des Demagogen endete 2004 in Chaos und Sturz. Seit 2006 ist Aristides pragmatischer Vertrauter René Préval zum zweiten Mal Staatschef, hat das Land aber kaum im Griff. Auch die Uno-Truppen vor Ort sind hilflos gegenüber den kriminellen Banden, die die Straßen regieren.

Die Landwirtschaft leidet unter Abholzung und Bodenerosion. Das Land ist von westlicher Entwicklungshilfe abhängig, aber auch die floss zuletzt immer spärlicher. (ef, DER STANDARD Printausgabe 14.1.2009)