Warum Naturkatastrophen in armen Ländern immer wieder besonders viele Todesopfer fordern, während der Schaden in reicheren Regionen (etwa Kalifornien oder Japan) oft ein wirtschaftlicher bleibt: Damit beschäftigt sich IIASA, das International Institute for Applied Systems Analysis in Laxenburg.

"Die Verwundbarkeit einer Region setzt sich aus physischen Faktoren, also zum Beispiel der Gebäudestruktur, und sozialer Vulnerabilität zusammen", erklärt der Ökonom Reinhard Mechler von der IIASA-Gruppe "Desasters and Development" im Standard-Gespräch.

Ersten Phase kann bis zu einer Woche dauern

Bei der sozialen Verwundbarkeit eines Landes gehe es um Mittel und organisatorische Strukturen, die es braucht, um schnell zu helfen. In der ersten Phase, die bis zu einer Woche dauern kann und in der man hofft, Überlebende bergen zu können, sei die internationale Staatengemeinschaft genauso gefordert wie in der zweiten, der Phase des Wiederaufbaus.

"In dieser Phase muss man nicht nur den Status quo wiedererlangen, sondern sollte darüber hinaus sicherstellen, dass eine Naturkatastrophe die Menschen nicht mehr so hart treffen kann", so Mechler weiter. Und: "Gerade Haiti ist besonders vulnerabel. Es ist eines der ärmsten Länder der westlichen Hemisphäre."

Weltweit strengere Bauvorschriften

"Man muss etwa für strengere Bauvorschriften sorgen, aber auch dafür, dass sie eingehalten werden", betont Mechler, dessen Institut an einem internationalen OECD-Projekt, dem "Global Earthquake Model" mitwirkt. Hier werden alle Risikofaktoren in ein Modell eingespeist, das weltweit umgesetzt werden soll.

Vermeiden könne man Erdbeben, im Gegensatz zu manchen Überschwemmungen, freilich nicht. "Leider kann man Erdstöße auch noch immer nicht vorhersagen - nur die Wahrscheinlichkeit in einem Zeitraum von 30 Jahren". Doch die Seismologen würden immer ungeduldiger, weil erdbebensicheres Bauen noch immer nicht überall umgesetzt wird, weiß Mechler: "Auch sie sprechen von vermeidbaren Toten. Das Erdbeben in Haiti ist ein trauriges Beispiel: Erdbeben der Stärke sieben gibt es etwa 20 im Jahr, doch nur etwa zwei kommen wegen der vielen Todesopfer in den Medien vor." (Colette M. Schmid, DER STANDARD Printausgabe 14.1.2009)