Berlin - Die Verbraucher in Deutschland müssen sich in diesem Jahr wieder an stärker steigende Preise gewöhnen. Einen Vorgeschmack darauf gab die Entwicklung im Dezember: Wegen teurer Energie legten die Lebenshaltungskosten im Schnitt um 0,9 Prozent zu und damit so stark wie seit Februar nicht mehr, wie das Statistische Bundesamt in Deutschland am Donnerstag mitteilte. Im Gesamtjahr 2009 konnten die Bürger in der Rezession mit 0,4 Prozent noch von der niedrigsten Inflationsrate seit 1987 profitieren.

In diesem Jahr erwarten die meisten Experten wegen der anziehenden Konjunktur, dass die Verbraucherpreise mit rund einem Prozent etwa doppelt so stark steigen. Die Unternehmen hätten aber weiter kaum Spielraum, höhere Kosten an ihre Kunden weiterzureichen, sagte Volkswirt Stefan Bielmeier von der Deutschen Bank.

Im vergangenen Jahr ging die Inflation in Deutschland auf den tiefsten Stand seit 1987 zurück, da die weltweite Rezession für sinkende Preise bei Öl und Lebensmitteln sorgte. 2008 hingegen hatten steigende Energiepreise die Teuerungsrate noch auf 2,6 Prozent hochschnellen lassen, den höchsten Wert seit 1994. Danach sank die Inflation deutlich, die Konsumenten konnten sich Mitte des vergangenen Jahres über stagnierende und zum Teil sogar fallende Preise freuen.

Mineralölprodukte günstiger

Mineralölprodukte verbilligten sich 2009 um fast 16 Prozent, leichtes Heizöl kostete sogar fast 31 Prozent weniger. Auch Tanken wurde spürbar günstiger: Diesel verbilligte sich um 18,4 Prozent, Superbenzin um 8,5 Prozent. Entlastung im Geldbeutel spürten die Verbraucher auch bei Nahrungsmitteln, die sich um 1,3 Prozent verbilligten, vor allem Milchprodukte waren günstiger zu haben. Dieser Trend könnte sich fortsetzen, da Discounter wie Aldi, Penny und Norma am Donnerstag eine neue Preissenkungsrunde bei Lebensmitteln einläuteten: Produkte wie Pflanzenöle und Snacks sind künftig bis zu rund 20 Prozent günstiger. Die Ernährungsindustrie leidet unter der Nachfragemacht der Discounter und hatte erst am Mittwoch ein Ende des Preisverfalls angemahnt: "Das Verramschen von Lebensmitteln muss aufhören." Das deutsche Bundeskartellamt durchsuchte wegen des Verdachts auf Preisabsprachen in der Zwischenzeit mehrere Handelsunternehmen und Markenartikelhersteller, darunter auch die Branchengrößen Rewe, Edeka und Metro.

Der Einzelhandelsverband HDE erwartet für 2010 höchstens ein leichtes Anziehen der Branchenpreise. "Die Verbraucher können sich weiter auf günstige Preise einstellen", sagte eine HDE-Sprecherin. Auch Volkswirt Bielmeier sieht in diesem Jahr insgesamt nur wenig Preisdruck; nach seiner Einschätzung könnte die Inflationsrate in der zweiten Jahreshälfte in Richtung 0,5 Prozent sinken. Postbank-Chefvolkswirt Marco Bargel hingegen erwartet, dass die Inflation Ende 2010 die "Marke von zwei Prozent knacken" dürfte. "Da könnte die Notenbank nervös werden." Die Europäische Zentralbank werde bis Ende des Jahres ihren Leitzins von 1,0 auf bis zu 1,5 Prozent erhöhen.

Dass die Zeiten stagnierender Preise zu Ende ist, zeigte sich bereits im Dezember, als sich zahlreiche Energieprodukte verteuerten: Superbenzin kostete 16,2 Prozent mehr als im Dezember 2008, Diesel 2,7 Prozent mehr. Heizöl verteuerte sich um 4,4 Prozent, Strom um 5,8 Prozent. Von November auf Dezember zogen die gesamten Verbraucherpreise sogar um 0,8 Prozent an - der stärkste Anstieg im Monatsvergleich seit vier Jahren. (APA/Reuters)