Der Onlinekonzern Google hat mit seiner Ankündigung sich nicht mehr der staatlichen Zensur in China beugen zu wollen und daher mit einem baldigen Ende seiner Aktivitäten am chinesischen Markt rechne, für einige Diskussionen gesorgt. In den USA ist nach den Hacker-Attacken auf zahlreiche Online-Plattformen - der Webstandard berichtete - die Kritik am chinesischen Markt gewachsen. Zahlreiche Unternehmen wollen ihr Engagement in China überdenken und sprechen nun auch offen über Probleme und Sorgen.

China und Ostberlin

Im Wall Street Journal hat die China-Expertin Rebecca Mackinnon nun einen Kommentar zu den Vorgängen rund um die Hacks in China und die Ankündigungen Googles verfasst. Sie berichtet darin von früheren Reisen nach China und dem Wunsch der Menschen nach mehr Freiheit. Die alltägliche Zensur und auch das gegenseitige Ausspionieren würden Erinnerungen an Ostberlin und die Stasi wecken. "Doch es ist unwahrscheinlich, dass das bestehende politische System - oder dessen System zur Sperre von ausländischen Webseiten, die so genannte "Great Firewall" - in absehbarer Zeit ebenso bröckelig werden wird, wie die Berliner Mauer. Aber ich glaube, dass ich es noch erleben werde, dass die chinesische Bevölkerung mehr über die Vorgänge lernen und von den Diskussionen zwischen ausländischen Internetunternehmen und den chinesischen Behörden erfahren wird. Wenn dies geschieht, dann wird deutlich werden, wer sie verkauft und dem System geholfen hat. Die Zensur macht es den Behörden einfacher ihre Bevölkerung zu belügen, zu bestehlen und sich blind zu stellen, wenn Menschen an vergiftetem Essen sterben."

Ein ständiger Kampf

Mackinnon spricht von einem ständigen Kampf zwischen den Behörden und den Menschen, die Information im Internet verbreiten und konsumieren wollen. "Derzeit sitzen jene Leute an den Schalthebeln, die durch dieses System reich und mächtig wurden. Aber ein Blick in die chinesische Geschichte zeigt, dass ein Wandel auch sehr schnell passieren kann. Und sich die Zeiten ändern."

"Entscheidung für die richtige Seite"

Die Entscheidung Googles wertet die Expertin als einen positiven und wichtigen Schritt, geht aber auch auf die nicht gerade ruhmreiche Vergangenheit Googles am chinesischen Markt ein. "Mit der Ankündigung sich nicht länger der chinesischen Zensur beugen zu wollen und sein Engagement in China zu überdenken, hat Google einen großen Schritt auf die richtige Seite gemacht." Der Einstieg Googles in den chinesischen Markt erfolgte erst vor vier Jahren und war von zahlreichen Diskussionen und Kritik - gerade im Umfeld der Olympischen Spiele in Bejing hatte Google den Behörden weitreichende Rechte und Möglichkeiten eingeräumt - geprägt. Google soll im Lauf der Geschichte allerdings deutlich weniger zensiert haben als das chinesische Pendant Baidu.

Harte Monate

"Google wird sich sehr genau überlegt haben, was nun - nach der Zensurverweigerungen - folgen wird. Einige chinesische User haben Unterstützung gezeigt und Blumen geschickt, andere waren entsetzt und wieder andere besorgt. Die Mitbewerber müssen sich nun etwas einfallen lassen. Google hat einige harte Monate vor sich. Auf lange Sicht gesehen, wird die Geschichte zeigen, wer die wahren Freunde der chinesischen Bevölkerung sind."(red)