Seit Wochen fragten sich die Österreicher, wer wohl auf der "Berlin-Liste" stehen möge.

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Wien - Schlag auf Schlag geht es derzeit in der Causa Kärntner Hypo Group Alpe Adria und BayernLB. Rechtzeitig zum Anpfiff des Hypo-Untersuchungsausschusses in Kärnten veröffentlichte am Donnerstag das Nachrichtenmagazin Profil Online die so genannte Berlin-Liste - also die Liste jener Investoren, die sich 2006 und 2007 über ein komplexes Genussscheinmodell an der Kapitalerhöhung (250 Mio. Euro) für die Hypo Group Alpe Adria beteiligt haben.

Es handelt sich um 46 private und institutionelle Investoren aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, zum Teil haben sie sich direkt, zum Teil über Gesellschaften beteiligt. Das Dokument soll bei jenen Hausdurchsuchungen beschlagnahmt worden sein, die die Justiz im Auftrag der Münchner Staatsanwaltschaft im vorigen Herbst in der Bank, in Wiener Anwaltskanzleien und am Firmensitz von Vermögensverwalter Tilo Berlin durchgeführt hat.

Schweizer Treuhandgesellschaft

Neben Investoren wie Veit Sorger, Michael Gröller, Piëch Privatstiftung, Ingrid Flick (und die einstige Flick-Stiftung-Tochter Südufer GmbH), Constantia Privatbank oder schwer durchleuchtbare Schweizer Trust-Gesellschaften (vollständige Liste siehe Artikelende) soll auch ein Mann investiert haben, der bis Jänner 2007 Finanzminister der Republik war: Karl-Heinz Grasser.

Laut Online-Bericht des Magazins Format hat Grasser über eine Schweizer Treuhandgesellschaft namens Ferint AG einen Hypo-Genussschein über 500.000 Euro gezeichnet; und soll nach Auflösung der Luxemburger Berlin und Co. S.a.r.l. (sie hielt die Hypo-Beteiligung, die im Oktober 2007 nahtlos an die Bayern verkauft wurde; der Gewinn soll wie berichtet an die 160 Mio. Euro betragen haben) mit mehr als 250.000 Euro Profit wieder ausgestiegen sein.

Abgewickelt habe diese Transaktion die Meinl Bank, die die Sache nicht kommentiert hat. Mit Julius Meinl ist Grasser ja gut bekannt, in der einstigen Meinl International Power MIP war er gut verdienendes Board-Mitglied gewesen. Ausflüge auf dessen Jacht sind Legende.

Grasser selbst war zu diesem Thema am Donnerstag nicht zu erreichen, sein Anwalt, Manfred Ainedter, dementierte die Darstellung gegenüber der Nachrichtenagentur so: "Der entsprechende Bericht des Format stimmt nicht, nicht überall wo ein Skandal ist, ist ein Grasser drin", erklärte er wohl auch in Anspielung auf die Ermittlungen, die in der Causa Immofinanz/Buwog gegen den Ex-Minister laufen. Und: Grasser "denkt über rechtliche Schritte nach" .

Unvereinbarkeit?

Sollte Grasser tatsächlich zu den Hypo-Kauf-Financiers gehört und Genussscheine an der Luxemburger Gesellschaft gezeichnet haben, gäbe dies auch Anlass zu interessanten rechtlich-politischen Überlegungen. Laut Unvereinbarkeitsgesetz müssen Mitglieder der Bundesregierung Beteiligungen an Unternehmen nämlich melden; gleich bei ihrem Amtsantritt, oder eben dann, wenn sie Beteiligungen eingehen. Genaue Auslegungen des Gesetzes fehlen aber; dass Genussscheine als Beteiligung im Sinne des Unvereinbarkeitsgesetzes als Beteiligung gelten, wird von Parlamentsjuristen bezweifelt.

Gemeldet hat Grasser jedenfalls nichts, was sich aus dem Faktum ableiten lässt, dass der Unvereinbarkeitsausschuss (der für die Meldungen und deren Behandlung zuständig ist) in der Frage nicht getagt hat. Neben der steuerrechtlichen Komponente ist auch eine personelle Beziehung von Interesse: Staatskommissärin in der Hypo war Sabine Kanduth-Kristen, frühere Kabinettsmitarbeiterin Grassers. Bereits bei den Untersuchungen zum Bilanzskandal der Hypo 2004 - damals waren Verluste aus Swap-Geschäften aufgeflogen - wurde die Rolle der Steuerexpertin und der Wissensstand des damaligen Ministers diskutiert.

Noch eine bemerkenswerte Verbindung Grassers zur Hypo existiert. Seine erste Dienstreise hatte den Neo-Minister nach Kroatien geführt, wo er für die Kärntner Bank intervenierte. Zagreb hatte zuvor Staatsgarantien aus der Tudjman-Ära für die Hypo in Frage gestellt. Dem Klagenfurter Institut soll ein Ausfall von einer Milliarde Schilling gedroht haben. Grasser konnte die Causa bereinigen. (gras)

Die vom Profil veröffentlichte Investorenliste:

Aufrecht Hans-Werner, Deutschland (Anm.d.Red.: Gründer der Automobilsport-Unternehmens Mercedes-AMG)
Constantia Privatbank AG, Österreich
Goess, S. H. Graf Clemens, Österreich
Gröller Michael, Österreich (Anm.d.Red.: Ex-Chef von Meyr-Melnhof)
Hardt Group Securities S. A., Luxemburg
Kiefer GmbH, Deutschland
Maxim's Privatstiftung, Österreich
HW Equity Beta GmbH, Österreich
Orsini-Rosenberg, S. H. Graf Mathias, Österreich
Arndt Klippgen, Deutschland (Anm.d.Red.: Chef der deutschen Papier Union)
Piech Vermögensverwaltung GbR, Deutschland
Schwarzkopf Oliver, Deutschland (Anm.d.Red.: Sproß des gleichnamigen Kosmetikclans)
SE Sports Entertainment Anstalt, Österreich
Sorger, Dr. Veit, Österreich (Anm.d.Red.: Präsident der Industriellenvereinigung)
Spitzy, Mag. Miguel, Österreich (Anm.d.Red.: Geschäftsführer des Salzburger Gastronomiezulieferers R&S Gourmet Express)
Stärker Alexander, Deutschland
Stärker Hubert jun., Deutschland
Dr. Weiss Beteiligungs GmbH, Österreich
Orsini-Rosenberg, S. H. Graf Ferdinand, Österreich
Friedrich Klausner, Österreich (Anm.: siehe Artikel)
Ferint AG, Österreich
Dr. Helmut Maucher, Deutschland (Anm.d.Red.: Ex-Chef von Nestle)
Inter Swiss Trust AG, Schweiz
Dr. Hauri Trust AG, Schweiz
Familie Max Stürzer GbR II, Deutschland
Ms. Heidegunde Senger-Weiss, Österreich (Anm.d.Red.: Spedition Gebrüder Weiss)
Dipl.-Ing. Paul Senger-Weiss, Österreich (Anm.d.Red.: Spedition Gebrüder Weiss)
Walter Steyer, Deutschland
Ingrid Flick, Deutschland (Anm.d.Red.: Unternehmerswitwe)
Südufer GmbH, Österreich
Alexander von Leeb, Österreich
Alexander Wardt, Österreich
Heinrich Gröller, Österreich
Elisabeth Gröller, Österreich
Johannes Wendt, Österreich
Dr. Wulf Dieter Klaus Frisee, Österreich
Christoph Tscholl, Österreich
Frapag, Österreich
Marie Maculan, Österreich
Anjuta Aigner-Dünnwald, Deutschland
Patrick Nathe, Deutschland
CMB Controlling und Management Beratung Deutschland
Natascha Nathe, Norwegen
Hr. Nörenberg, Deutschland
Heinz Dürr GmbH, Deutschland
Cheyne Special Situations Fund L.P., Großbritannien