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Die Chefs der Großbanken Goldman Sachs, JPMorgan Chase und Bank of America machten aber auch die Regeln der gesamten Finanzbranche für den Crash verantwortlich.

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Washington - Die Chefs der vier größten US-Banken haben vor einem Untersuchungsausschuss eine Mitschuld an der Finanzkrise eingeräumt. Kein Finanzunternehmen der Wall Street habe das gesamte Ausmaß der Krise vorhergesehen, sagte der Präsident der Bank Morgan Stanley, John Mack, am Mittwoch vor dem Komitee. US-Präsident Barack Obama will am Donnerstag die Details einer Sonderabgabe für große Finanzkonzerne vorstellen.

Die Chefs der Großbanken Goldman Sachs, JPMorgan Chase und Bank of America räumten vor dem Ausschuss ebenfalls Mitverantwortung für die Krise ein, machten aber auch die Regeln der gesamten Finanzbranche für den Crash verantwortlich. Finanzinstitutionen und Investoren hätten sich bei der Risikoeinschätzung auf die Bewertungen der Ratingagenturen verlassen, anstatt eigene Analysen zu erstellen, sagte der Chef von Goldman Sachs, Lloyd Blankfein vor dem vom US-Kongress eingesetzten Ausschuss zur Untersuchung der Finanzkrise.

Mit seinem heutigen Wissen müsse er sagen, dass die Regeln der Branche nicht funktioniert hätten, sagte Blankfein. Der Goldman-Sachs-Chef warnte zugleich davor, die geplante Neuregulierung der Finanzmärkte zu streng zu gestalten: "Wenn wir die Risiken komplett aus dem System nehmen, dann geht das nur auf Kosten des Wirtschaftswachstums."

Schwierige Lektionen

"Wir Banker haben einige schwierige Lektionen in der Finanzkrise gelernt", sagte der Präsident der Bank of America, Brian Moynihan. Vielen Banken sei es nicht gelungen, das Risiko ihrer Geschäfte zu steuern. Mack sagte, seine Bank habe Lehren aus der Krise gezogen und beispielsweise die Risikobewertung und die Kreditvergabe geändert.

Das zehnköpfige Expertenkomitee müsse die Chance nutzen, die Ursachen der Krise schonungslos aufzuklären und so das Vertrauen in den Finanzsektor wiederherzustellen, sagte der Ausschussvorsitzende Phil Angelides zum Auftakt der ersten Sitzung. Der frühere kalifornische Finanzminister warnte: "Wenn wir die Lektionen der Geschichte missachten, werden wir den Sektor irgendwann erneut retten müssen." Der US-Kongress hat das Expertenkomitee nach dem Vorbild jener Kommission gestaltet, in der Fachleute die Versäumnisse im Vorfeld der Terroranschläge vom 11. September 2001 aufgearbeitet haben.

Untersuchung der AIG-Rettung

Der Ausschuss des Repräsentantenhauses für Rechnungskontrolle und Regierungsreform will die staatliche Rettung des angeschlagenen Versicherers AIG untersuchen. Das Gremium wies am Mittwoch die Notenbank Fed zur Herausgabe interner Dokumente über die AIG-Rettung im Jahr 2008 an. Davon betroffen sind auch Unterlagen über das Vorgehen des heutigen Finanzministers Timothy Geithner, der damals als Chef der New Yorker Fed eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der AIG-Krise spielte.

US-Präsident Barack Obama will nun die Details einer Sonderabgabe für große Finanzkonzerne vorstellen. Die US-Regierung will die Großbanken des Landes für die Kosten der Finanzkrise zur Kasse bitten. Die Abgabe gilt für Unternehmen mit Vermögenswerten von mehr als 50 Mrd. Dollar (34,3 Mrd. Euro), sagt Obama. Dazu zählen auch Brokerhäuser.

Die Gebühr soll rund 0,15 Prozent der abgesicherten Verbindlichkeiten betragen. Dies hängt jedoch vom Umfang der Vermögenswerte und der Kernkapitalquote der betroffenen Firmen ab.

Insgesamt dürften rund 50 Unternehmen von der Maßnahme betroffen sein - 35 von ihnen aus den USA, die übrigen US-Töchter ausländischer Firmen. Von den 35 US-Unternehmen dürften nach Schätzung der Regierung 20 bis 27 aus der Bankenbranche kommen.

Zehn Jahre

Die Gebühr wird unabhängig davon erhoben, ob die gestützten Institute ihre Hilfen bereits zurückgezahlt haben. Die Abgabe gilt auch für den Versicherer AIG, der mit bis zu 180 Mrd. Dollar vor dem Zusammenbruch bewahrt und weitgehend verstaatlicht wurde. Von der Gebühr befreit sind die beiden staatlich kontrollierten Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac.

Die Regierung peilt eine Mindestlaufzeit von zehn Jahren für die Abgabe an. In dieser Zeit verspricht sie sich Einnahmen von 90 Milliarden Dollar. 60 Prozent davon dürften von den zehn größten Finanzinstituten stammen. Damit sollten die Verluste aus dem Tarp-Programm (Rettungsprogramm für die Finanzbranche) nach Schätzung der Regierung abgegolten sein. Sollte dies nicht der Fall sein, soll die Abgabe länger in Kraft bleiben. Die Tarp-Verluste für das Haushaltsjahr 2011 belaufen sich nach Schätzungen der Regierung auf rund 120 Mrd. Dollar, vor einem halben Jahr wurden noch 341 Mrd. Dollar erwartet. (APA/Reuters)