Nikosia - Die griechisch-türkischen Volksgruppenverhandlungen, die zur Wiedervereinigung Zyperns führen sollen, sind offenkundig festgefahren. Nach sechzig Gesprächsrunden innerhalb von 16 Monaten sind Staatspräsident Demetris Christofias als Vertreter der griechischen Insel-Bevölkerungsmehrheit und der türkische Volksgruppenchef Mehmet Ali Talat an einem toten Punkt angelangt. Talat, der in seiner nur von Ankara anerkannten "Türkischen Republik Nordzypern" (KKTC) von seinen nationalistischen Gegnern stark unter Druck gesetzt wird und sich im April Wahlen stellen muss, ist mit seinen neuen Machtteilungs-Vorschlägen bei der griechisch-zypriotischen Seite auf völlige Ablehnung gestoßen, wie am Donnerstag aus Delegationskreisen verlautete.

Talats Pläne, die von Christofias als unannehmbar zurückgewiesen wurden, sollen eine rotierende Präsidentschaft für eine Zwei-Staaten-Konföderation und paritätisch zusammengesetzte Parlamentskammern zum Inhalt haben. Die einschlägigen UNO-Resolutionen sehen dagegen die Wiedervereinigung der Insel in Form eines "bikommunalen" und "bizonalen" Bundesstaates vor. Zu den Hauptstreitfragen gehört auch die weitere militärische Präsenz der Türkei auf der Insel. 35.000 türkische Soldaten sind noch im Norden stationiert. Der Sondergesandte der Vereinten Nationen und ehemalige australische Außenminister Alexander Downer setzt seine Hoffnungen jetzt in die dreitägige Verhandlungsrunde vom 25. bis 27. Jänner. US-Außenministerin Hillary Clinton telefonierte mit Christofias und Talat und ermutigte sie, ihre Gespräche fortzuführen,

Christofias begibt sich am kommenden Samstag zu Konsultationen mit der griechischen Regierung nach Athen. Er sei "sehr geduldig, denn unser Ziel ist es, zu reüssieren und nicht zu versagen", sagte der Präsident. Inzwischen ist davon die Rede, die Gespräche im Februar wegen des türkisch-zypriotischen Wahlkampfs zu unterbrechen. Im Vorjahr hatten bei Parlamentswahlen in Nordzypern die nationalistischen "Falken" der moderateren Anhängerschaft Talats eine Niederlage zugefügt.

Die Mittelmeerinsel ist seit bald 36 Jahren geteilt. 1974 waren türkische Truppen nach einem vom damaligen griechischen Militärregime in Athen mit Wissen des US-Geheimdienstes CIA inszenierten Putsch gegen den zypriotischen Präsidenten Erzbischof Makarios auf der Insel gelandet, um deren Anschluss ("Enosis") an Griechenland zu verhindern. Sie besetzten 37,5 Prozent des Inselterritoriums. 200.000 griechische Zyprioten wurden aus dem Norden vertrieben, etwa 50.000 türkische Zyprioten flüchteten aus dem Süden in den Norden.

Zypern wurde 2004 Mitglied der Europäischen Union, doch findet das EU-Regelwerk in dem von türkischen Truppen besetzten Nordteil keine Anwendung. Ein UNO-Wiedervereinigungsplan war 2004 von den griechischen Zyprioten in einem Referendum massiv verworfen worden, die türkischen Zyprioten hatten ihn dagegen gutgeheißen. Begründet wurde die Ablehnung der griechischen Zyprioten damit, dass der Plan dem Großteil der nach der türkischen Invasion 1974 aus dem Norden Vertriebenen bzw. deren Nachkommen die Rückkehr in ihre Heimatorte verwehrte, zugleich aber vorsah, dass ein beträchtlicher Teil der von der Türkei angesiedelten Festlandtürken und der türkischen Truppen auf der Insel bleiben kann.(APA)