Ob die Abkehr vom BZÖ ein Putsch war oder nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Dass die Verunsicherung unter Funktionären und Mitgliedern aber groß ist und dagegen etwas getan werden musste, wurde von der neuen/alten Parteiführung rasch erkannt. Zur Abhilfe wurde eine provisorische Homepage, versehen mit 34 Fragen und den dazugehörigen Antworten, eingerichtet. Etwa: Wen kann ich anrufen, wenn ich mich nicht auskenne? - Die Landesgeschäftsstelle. Wie lautet das Parteikürzel? - FPK. Wer ist unser Parteiobmann? - DI Uwe Scheuch. Wie verstehen sich Dörfler und Strache? - Gut. Darf ich Visitenkarten mit BZÖ-Logo weiter verwenden? - Nein. Die Schlüsselfrage aber lautet: Sind wir eine eigenständige Partei? - "Ja", und zwar nach dem "CDU/CSU-Modell".

Eine FPK als Austro-CSU in Kärnten? Im Parlament in Wien gemeinsam mit der FPÖ, ganz so wie CDU und CSU? Für manche Landespatrioten ein erwärmender Gedanke. Nur leider falsch, um nicht zu sagen blauäugig. Denn Österreich ist nicht Deutschland, und Kärnten ist nicht Bayern.

Wo liegt der Unterschied? Bayern ist nach Einwohnern das zweitgrößte deutsche Bundesland. Bei der Bundestagswahl 2009 verbuchte die CSU, obwohl sie nur in Bayern antritt, im Bundesdurchschnitt einen Stimmenanteil von 6,5 Prozent. Das reicht spielend für den Einzug in den Bundestag (die Hürde liegt bei 5Prozent), wo sie dann mit der CDU eine gemeinsame Fraktion bildet.

Kärnten liegt in Österreich nach Einwohnern an sechster Stelle; Wien und Niederösterreich sind dreimal, Oberösterreich und die Steiermark doppelt so groß. Das mag den Kärntner Landesstolz wenig kümmern, für "CSU" -Ambitionen ist das aber ein Problem. Das BZÖ Kärnten verbuchte 2008 bundesweit 2,7 Prozent. Die Vier-Prozent-Hürde wäre also klar verfehlt worden. Zwar hätten dieses eine Mal auch die vier Grundmandate in Kärnten gereicht, aber die "Kosten" für ein Grundmandat sind hoch, immerhin 26-28 Prozent in den vier Regionalwahlkreisen. 2006, mit 1,7 Prozent und ohne Grundmandat, wäre der Einzug klar verfehlt worden. Eine "CSU Kärnten" wäre auf Gedeih und Verderb auf Grundmandate angewiesen.

Und selbst wenn sie alle Hürden nimmt, wird die FPK nie eine gemeinsame Fraktion mit der FPÖ bilden können, denn anders als in Deutschland dürfen das in Österreich laut §7 der Geschäftsordnung des Nationalrats nur Abgeordnete derselben wahlwerbenden Partei. Ausnahmen sind zwar möglich, bedürfen aber der Zustimmung des Nationalrats. Dafür wäre eine Mehrheit aber aktuell nicht zu schaffen. Selbst wenn - nur angenommen - die ÖVP aus strategischer Überlegung ihre Hilfe anböte, ergäbe das in Summe noch immer nicht die notwendigen 92 Stimmen.

Der Fall Kärnten zeigt anschaulich: In einem Zentralstaat mit föderativer Folklore wie Österreich hätte eine isolierte Landespartei auf Dauer keinen Bestand. Diese Einsicht war wohl auch - abgesehen von Hypo und ideologischen Differenzen mit dem Bundes-BZÖ - ausschlaggebend für Scheuch und die Seinen, den Anschluss (und um nichts anderes handelt es sich) an die FPÖ zu betreiben. Die Beschwörung einer Kärntner CSU dient - ebenso wie seinerzeit die Freistaatfantasien des verstorbenen Parteichefs - einzig der Abstützung eines diffusen Kärntner Wir-Gefühls. Eine ausgeprägte Landesidentität gibt es aber auch in Vorarlberg und Tirol. Aus gutem Grund setzt man dort auf starke Landesgruppen, die Bildung von Regionalparteien ist dabei aber kein Thema.

Was immer die BZÖ-Spitze zu ihrem überstürzten und noch dazu schlecht inszenierten Schritt getrieben hat, sie wird unvermeidlich zu einer ganz normalen Landesgruppe der FPÖ - mit dem einen Unterschied, dass in den anderen Bundesländern wesentlich mehr Geschlossenheit besteht. Kaum angegliedert an die FPÖ, wird die FPK ein Sanierungsfall für die Bundespartei werden. Es ist der Abgesang einer Regionalpartei, die mit dem Mythos Haider allein nicht überleben kann.

Nachsatz: Die Website mit den FAQs ist inzwischen vom Netz genommen worden - was nicht zwingend heißt, dass nun alle Fragen geklärt sind. (Ferdinand Karlhofer, DER STANDARD, Printausgabe, 15.1.2010)