Brüssel - 20 von 26 Kommissarskandidaten hatten am Donnerstag ihre Anhörung hinter sich gebracht. Es ließ sich bereits ganz gut abschätzen, wie das Team von Präsident José Manuel Barroso in etwa aufgestellt ist:

Im Kollegium gibt es zwei "Superstars", die eine beeindruckende Vorstellung ablieferten. Dazu gehört der spanische Kandidat für Wettbewerbspolitik, Joaquín Almunia, ein Sozialist, der seit 2004 als Wirtschafts- und Währungskommissar in Brüssel arbeitet: ein besonnener Politiker. Niemand zweifelt an seiner Unbestechlichkeit und Glaubwürdigkeit.

Mindestens ebenso souverän trat der Franzose Michel Barnier auf - Kandidat für Binnenmarkt und Finanzmarktkontrolle, Feindbild der Broker in der Londoner City. Er erntete viel Applaus für sein Bekenntnis, dass die stärkere Kontrolle der Finanzmärkte unumgänglich sei, dass diese den Menschen und der Wirtschaft zu dienen hätten, nicht umgekehrt. Der Konservative war 1999 EU-Regionalkommissar, und auch schon Außen-, Agrar-, Umwelt- und Europaminister von Frankreich, derzeit ist er EU-Abgeordneter. Ein "alter Hase" der Europapolitik, topfit in EU-Materien bis ins Detail, ruhig, Mann mit Überblick.

An der Spitze dabei ist auch die neue Justizkommissarin Viviane Reding, sie trat bei Grundrechtsfragen überzeugend auf. Sie führt das Mittelfeld an, wo sich der Tscheche Stefan Füle (Erweiterung), der Belgier Karel De Gucht (Außenhandel) oder auch Olli Rehn (Wirtschaft und Währung) wie der Deutsche Günther Oettinger (Energie) finden: Alle nicht sehr charismatisch, aber mit gutem Fachwissen, klaren Positionen. Eher enttäuscht hat EU-Außenministerin Catherine Ashton als Vizepräsidentin: Menschlich überzeugend, aber ohne inhaltliches Profil, sehr vorsichtig.

Ein echtes Problem stellt die Kandidatin für humanitäre Hilfe, Rumiana Jeleva dar. Sie konnte Unklarheiten in ihren Vermögenserklärungen nicht aufklären und könnte von Barroso, wie berichtet, noch ausgetauscht werden. (tom/DER STANDARD, Printausgabe, 15.1.2010)