Wien - Manchmal, so heißt es in Star Trek, ist das Wohl eines Einzelnen wichtiger als das Wohl von vielen. Dementsprechend wird es demnächst im Wiener Landesgericht zu einer interessanten Verhandlung gelangen.
Der österreichische Fernsehmacher David Schalko hat dafür mit seinem im September 2009 im Czernin Verlag erschienenen Roman Weiße Nacht entscheidende Vorarbeit geleistet. Immerhin kreist der für TV-Formate wie Sendung ohne Namen international ausgezeichnete 36-Jährige in diesem mit 134 Seiten so schmal wie eindringlich gehaltenen Heimatroman rechte Burschenideologien punktgenau ein. Er tut dies mit dem Mittel des beißenden Spotts. Schalko eignete sich dafür die schwulstig-markige Sprache alter treudeutscher Abenteuer- und Blut-und-Boden-Literatur an. Gegen diese wirkt selbst ein Karl May oft unentschlossen. Eine lustige wie gefährliche Fiktion.
Vier Monate später fühlt sich jetzt Stefan Petzner, aktueller Generalsekretär des BZÖ, in Weiße Nacht als Protagonist wiedererkannt. Er hat Klage wegen "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches" eingereicht.
In einer zehnseitigen Klagschrift lässt Stefan Petzner dabei allerlei Skurriles verlauten. Nicht nur habe er - "allgemein bekannt" - "im Zusammenhang mit Dr. Jörg Haider" den "Begriff Lebensmensch" "kreiert" - den sich der in weiterer Klagfolge als "allgemein bekannter" Solariumbesucher bekennende Politiker allerdings von Schriftsteller Thomas Bernhard geborgt haben dürfte. Der kann sich deswegen übrigens aus vielleicht weniger bekannten Gründen nicht mehr wehren.
Auch im Roman vom Ich-Erzähler "Thomas" anhand der homoerotisch eingefärbten Beziehung zu einer Führerfigur aus dem "Tal der Wölfe" verwendete und zuvor von Petzner in Interviews angeführte Begriffe wie "Lieblingsfarbe: Türkis", "Lieblingswort: Flocke" oder das Bekenntnis zur Musik von Udo Jürgens würden den Tatbestand der "Lächerlichmachung" erfüllen. Ganz zu schweigen von einem lange vor dem Roman medial dokumentierten "Delfin-Tattoo am linken Unterbauch" Petzners.
Höhepunkt der Klage: Petzner moniert die literarische Wiederverwendung seiner oft geäußerten Verschwörungstheorie bezüglich des Todes von "Dr. Jörg Haider", der Wirtschaftskrise und "mächtiger Kreise an der Ostküste".
Petzners Anwälte formulieren allerdings schließlich vorsichtig: "Ein Mensch kann auch dann bloßgestellt werden, wenn die Veröffentlichung vordergründig Mitleid mit dem Opfer auslöst." (Christian Schachinger/ DER STANDARD, Printausgabe, 15.1.2010)