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René Préval, Präsident der verzweifelten Haitianer.

Foto: EPA/JASON SZENES

"Mein Palast ist eingestürzt" , klagte Haitis Präsident René Préval wenige Stunden nach dem großen Beben einem Kamerateam von CNN. Die Frage, ob er schon wisse, wo er schlafen werde, verneinte der sichtlich geschockte Präsident.

Obwohl Préval dann doch noch sachliche Worte fand, von Aufräumungsarbeiten sprach und die Welt um medizinische Hilfe und Nahrungsmittel für die Millionen Betroffenen bat, war der erste Eindruck fatal. In aller Welt verstreut lebende Haitianer warfen ihm im Internet-Blog prevalhaiti.com vor, zu resoluter Führung in der Not offenbar nicht fähig zu sein und den Präsidentenpalast als sein Privateigentum betrachtet zu haben.

Dabei galt der 1943 geborene Sohn eines Großgrundbesitzers, der in den 1950er-Jahren Landwirtschaftsminister war, lange als Champion der Armen und Verfolgten. Bald nach Beginn der Diktatur von "Papa Doc" und "Baby Doc" Duvalier (1957-1986) emigrierte seine Familie zuerst nach Belgien und dann in die USA. René studierte in Belgien Wirtschaft und im italienischen Pisa Geothermie. In New York arbeitete er zeitweise als Kellner, ehe er 1975, zurück in Haiti, für das Nationale Institut für Bodenschätze zu arbeiten begann. Nebenbei betrieb er eine Bäckerei, die auch das Waisenhaus belieferte, das der Armenpriester Jean-Bertrand Aristide leitete. Mit Aristides kometenhaftem Aufstieg zum Retter der Nation und Präsidenten wurde Préval 1990 zum Premier. Nach einem Putsch fand er sich 1991 neuerlich im Exil. Im Gefolge einer von US-Präsident Bill Clinton initiierten Militärintervention kehrten Aristide und Préval 1994 zurück und wechselten einander als Präsidenten ab. Doch als Aristides Herrschaft 2004 in Chaos und Gewalt rivalisierender Gruppen versank, entfremdete sich Préval ihm. 2006 wurde wieder Préval Staatschef.

Auf Druck internationaler Finanzorganisationen privatisierte er Staatsbetriebe, was die Armen empörte. Obwohl ihn eine Uno-Mission unterstützte, kam es 2008, im Jahr mehrerer Hurrikankatastrophen mit hunderten Toten, zu einer Hungerrevolte. Préval senkte Lebensmittelpreise und hoffte zur Wirtschaftsankurbelung auf billiges Erdöl aus Venezuela.

Seine Wirtschaftsberaterin Elisabeth Delatour hat der zweimal geschiedene Vater zweier Töchter im Dezember geheiratet. Über sein Land sagte er schon vor dem großen Beben, dass es intensive und langfristige Hilfe brauche, sonst werde es nur in neue Katastrophen taumeln. (Erhard Stackl, DER STANDARD - Printausgabe, 15. Jänner 2010)