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Kein Abzug in Sicht: Karl-Theodor Guttenberg...

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Verteidigungsminister und Chef der "wirkungslosen" Bundeswehr

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Kunduz - Der Gouverneur der nordafghanischen Unruheprovinz Kunduz hat den dortigen Einsatz der deutschen Bundeswehr dort als "wirkungslos" kritisiert. Angesichts der schlechten Sicherheitslage in der Region forderte Gouverneur Mohammad Omar in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Kunduz mehr US-Engagement. "Wir haben einen Feind und wissen, dass er uns töten will", sagte er mit Blick auf die radikal-islamischen Taliban. "Unsere (deutschen) Freunde beobachten das und retten uns nicht. Nun müssen wir unsere anderen (amerikanischen) Freunde bitten, uns zu retten." Omar verteidigte zugleich den von der Bundeswehr im vergangenen September angeordneten Luftangriff mit getöteten Zivilisten.

Der Sprecher der Bundeswehr in Kunduz, Jürgen Mertins, sagte: "In den vergangenen Monaten haben wir eine ganze Reihe von Operationen im Raum Kunduz durchgeführt zusammen mit der afghanischen Seite. Wir meinen, dass sich die Sicherheitslage im Raum Kunduz dadurch deutlich verbessert hat."

Zivilist angeschossen

Deutsche Soldaten beschossen und verletzten am Freitag unterdessen in Kunduz einen afghanischen Zivilisten. Der Mann sei mit seinem Wagen auf die Soldaten zugefahren und habe trotz Warnsignalen nicht gebremst, sagte Mertins. Der Zivilist sei im Wiederaufbauteam in Kunduz operiert worden. Zu dem Vorfall sei es im Distrikt Khar Darah zehn Kilometer westlich des Bundeswehr-Lagers gekommen.

Am Bundeswehr-Außenposten im nordostafghanischen Taloqan wurde am Freitag ein deutscher Soldat verletzt. Mertins sagte, es habe sich weder um Feindbeschuss noch um einen Anschlag gehandelt. Es sei unklar, wie sich der Mann verletzt habe, der zur Behandlung ins deutsche Feldlager in Mazar-i-Sharif geflogen worden sei. Er schwebe nicht in Lebensgefahr. In Khar Darah und an anderen Orten im Großraum Kunduz kam es am Freitag zu Feuergefechten zwischen afghanischen Sicherheitskräften und Aufständischen. Deutsche Soldaten waren nach Angaben der Bundeswehr nicht in die Kämpfe verwickelt.

Bei einem Raketeneinschlag in Khar Darah wurden nach Angaben von Distriktgouverneur Abdul Wahid Omarkhel drei Zivilisten getötet, darunter zwei Frauen. Omarkhel sagte, es sei unklar, von welcher Konfliktpartei die Rakete abgefeuert worden sei. Ein Dorfbewohner namens Gholam Sakhi sagte der dpa, afghanische Soldaten hätten die Rakete abgeschossen. "Die Taliban haben hier die Kontrolle, warum sollten sie auf ihre eigene Gegend zielen?"

In der südafghanischen Provinz Kandahar erschossen Soldaten der Internationalen NATO-Schutztruppe ISAF nach einem Bombenanschlag zwei Männer. Die Afghanen seien nach der Detonation auf Motorrädern in hoher Geschwindigkeit auf die Soldaten zugefahren, die daraufhin das Feuer eröffnet hätten, teilte die ISAF mit. Nach Angaben der Polizei handelte es sich bei den Toten um Zivilisten. Bei einem weiteren Anschlag in Kandahar wurden am Freitag fünf Zivilisten getötet. Die Polizei machte die Taliban verantwortlich.

Kein Abzugsdatum

Der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor Guttenberg (CSU) sprach sich unterdessen gegen ein festes Datum für den Abzug der Bundeswehr aus. "Ich halte es für sehr verwegen und auch nicht Ausdruck größter Weisheit, von einem Enddatum zu sprechen, wo dann plötzlich alle Afghanistan verlassen und irgendeiner das Licht ausdreht", sagte Guttenberg im Gefechtsübungszentrum der Bundeswehr in Letzlingen bei Magdeburg. Stattdessen müsse eine Perspektive für den Beginn des Truppenabzugs geschaffen werden, sagte der Minister mit Blick auf die Afghanistan-Konferenz am 28. Jänner in London.

Gouverneur Omar sagte, aus seiner Sicht sei der umstrittene und von der Bundeswehr angeordnete Luftangriff in Kunduz auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklastwagen im vergangenen September "richtig" gewesen. Bei den von dem Bombardement getöteten Zivilisten habe es sich um Angehörige von Aufständischen gehandelt. Omar kritisierte zugleich mangelnden Wiederaufbau in Kunduz. Die Deutschen sollten ihre Anstrengungen auf die von ihnen verantwortete Provinz konzentrieren, statt Hilfsgelder über die Zentralregierung in Kabul auf das ganze Land zu verteilen, forderte der Gouverneur.

Für das Bundeswehr-Camp in Kunduz wurde am Nachmittag vorübergehend Raketenwarnung ausgerufen, ohne dass es zu einem Angriff kam. Der letzte Raketenangriff auf das Feldlager liegt nach Angaben der Bundeswehr mehr als ein Vierteljahr zurück. (APA)