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"Ein Terrorist kann seine Unterhose in die Luft jagen und sie kriegen ihn nicht. Aber mein Achtjähriger kann nicht durch die Sicherheitskontrollen, ohne gefilzt zu werden", merkt Mama Hicks an.

Foto: REUTERS/Jason Reed

Arme rauf, Arme runter, die Beine auseinander. Mikey Hicks aus New Jersey kennt das Prozedere. Im Alter von zwei Jahren begann die Sonderbehandlung am Check-in-Schalter. Seither wird Mikey jedes Mal, wenn er mit seiner Mutter, einer Fotoreporterin, fliegt, von der Heimatschutzbehörde aufgehalten. Wird zur Seite genommen, von Kopf bis Fuß gefilzt, sein Name im Computer überprüft. Dann dauert es auch nicht mehr lange, bis ihm die Heimatschutzbehörde erklärt, dass Mikey im Visier der Terrorbekämpfer steht.

Mikey ist heute acht Jahre alt und trägt einen von 13.500 Namen, die sich auf der "Terror-Watchlist" der Transportation Security Administration (TSA) befindet, schreibt die New York Times. Der Pfadfinder aus New Jersey steht dort, seitdem ein anderer Mikey Hicks nach dem 11. September 2001 bei der Heimatschutzbehörde aufgefallen war. Auch sein Vater, der denselben Namen trägt, wurde kürzlich aufgehalten.

Seine Eltern hätten alles versucht, um ihn von der Liste zu streichen, schreibt die NYT. Sie hätten Anträge gestellt und Senatoren angerufen, geholfen habe keine der versuchten Maßnahmen. Auf dem Weg zum letzten Familienurlaub Richtung Bahamas Anfang des Jahres wurde ihr Sohn einmal mehr am New Yorker Check-in-Schalter aufgehalten. "Wie einen Kriminellen" hätte man ihren Sohn behandelt, sagt Najlah Feanny Hicks zur NYT. "Ein Terrorist kann seine Unterhose in die Luft jagen und sie kriegen ihn nicht. Aber mein Achtjähriger kann nicht durch die Sicherheitskontrollen, ohne gefilzt zu werden."

81.793 frustrierte Reisende

Mama Hicks meint damit Umar Farouk Abdulmutallab, den "Unterhosenbomber von Detroit". Jener Nigerianer, der am 26. Dezember versucht hat, in einer aus Amsterdam kommenden Delta/Northwest-Maschine kurz vor der Landung in Detroit einen Sprengsatz zu zünden. Sein Name fand sich nicht auf der Liste.

Mikey Hicks ist kein Einzelfall. Laut New York Times haben in den vergangenen drei Jahren 81.793 Reisende formal darum ersucht, von der TSA-Liste gestrichen zu werden. Einer von ihnen, der kanadische Geschäftsmann Mario Labbe, ging so weit, seinen Namen zu ändern. "Wie heißt ihre Mutter? Wie heißt ihr Vater? Wann waren Sie das letzte Mal in Japan?": Bei jeder Reise dieselben Fragen. "Und manchmal auf sehr aggressive Weise", erzählt Labbe der NYT. Seitdem in seinem Pass "François Mario Labbe" stehe, passiere er die Flughafenkontrollen problemlos. Selbst Edward M. "Ted" Kennedy, ehemaliger Senator aus Massachusetts (1962 bis 2008), Spross der Kennedy-Familie und Lieblingsfeind der Republikaner, fand seinen Namen auf der Liste.

"Haufen Namen"

"Wir können nicht einfach einen Haufen Namen auf diese Listen schreiben und das ganze dann Sicherheit nennen", zitiert die New York Times William J. Pascrell Jr., der für die Demokraten als Vertreter New Jerseys im Repräsentantenhaus sitzt. "Wenn wir einen Achtjährigen nicht von der Liste streichen können, stellt das diese Liste in Frage."

Die Datenbank des "Terrorist Screening Centers" umfasst eine Million Einträge über 400.000 Namen von Personen, die der Unterstützung von Terroristen verdächtigt werden. 3.400 davon stünden auch auf der "No Fly List", weil sie als Gefahr für die Luftfahrt oder die nationale Sicherheit eingeschätzt würden. Weniger als fünf Prozent der betroffenen Personen seien amerikanische Staatsangehörige oder hätten eine permanente Aufenthaltsgenehmigung in den USA. Das geht aus Zeugenaussagen von Timothy Healy, dem Direktor des Terrorist Screening Center, hervor. Healy hatte diese Zahlen dem Justiz-Ausschuss des Senats Ende Oktober vergangenen Jahres im Zuge einer Anhörung von FBI-Chef Robert S. Mueller vorgelegt, wie die Washington Post damals berichtete.

In 15 Prozent der Ermittlungen gegen vermeintliche Terroristen seien die Verdächtigen nicht auf die Liste gesetzt worden. Wurde eine Ermittlung geschlossen, unterließen die Beamten in acht Prozent der Fälle die Löschung der betroffenen Personen aus der Liste; in 72 Prozent der abgeschlossenen Fälle seien die betroffenen Personen nicht rechtzeitig von der Liste entfernt worden.

2008 hätten US-Strafverfolgungsbeamte 55.000 Zusammentreffen mit vermeintlichen Terroristen zu Protokoll gegeben. In 19.000 Fällen davon war eine Überprüfung mit der "Terrorist Watchlist" erfolgreich. 

TSA-Sprecher verspricht Besserung

Healy äußerte sich zudem über die Beschwerden von Personen, die sich selbst auf der Watchlist vermuten. Seinen Angaben zufolge haben nur 0,7 Prozent der Beschwerden tatsächlich etwas mit der Liste zu tun. Davon würden 51 Prozent als korrekt gelistet eingestuft, 15 Prozent würden von der Liste entfernt oder heruntergestuft, beispielsweise weiterhin auf der Watchlist bleiben, aber von der "No Fly"-Liste gelöscht werden.

Jim Fotenos, TSA-Sprecher, versprach Besserung im Zuge eines Relaunches des Sicherheitsprogramms in den kommenden Monaten, bei dem sämtliche Daten der Flugpassagiere gesammelt und mit den aktuellen Listen verglichen werden sollen. (fin, derStandard.at, 15.1.2010)