Gespaltene Spalter: Delegierte gustieren, ob ihnen Blau oder Orange besser schmeckt.

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BZÖ-Chef Josef Bucher überlegt "spontan" eine Gegenkandidatur.

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Klagenfurt - High Noon für das dritte Lager in Österreichs Süden. Am Samstag zur Mittagszeit, wenn die Sonne am höchsten steht, wird der Parteitag im Klagenfurter Konzerthaus entscheiden, ob Kärntens Freiheitliche (derzeit FPK) ihren Weg künftig gemeinsam mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gehen oder doch unter dem orangen Dach des Bündnisses Zukunft Österreich (BZÖ) bleiben wollen. Letzteres hat faktisch Jörg Haider hinterlassen. Tags zuvor haben Haiders zerstrittene Erben, der wieder erblaute Uwe Scheuch - der die Abspaltung vom BZÖ putschartig betrieben hatte - und der orange gebliebene Josef Bucher noch einmal verbal die Colts gezogen - zur letzten Drohgebärde sozusagen.

Der erzfreiheitliche "Herrenbauer" Uwe Scheuch sieht sich knapp vor dem Parteitag mit massiven Korruptionsvorwürfen konfrontiert (er soll von einem russischen Investor eine Parteispende verlangt haben im Gegenzug zur österreichischen Staatsbürgerschaft) und wähnt üble Ränke des BZÖ dahinter. Dass der passionierte Jäger möglicherweise mit jenem Russen-Investor und gemeinsamen Freunden aus der Baubranche in Sibirien auf Großwild "angesessen" sei, dementiert Scheuch ebenso heftig wie die Echtheit jenes Tonband-Mitschnitts, der die Parteispenden-Affäre ausgelöst hatte.

Obwohl sich Scheuch vor dem Parteitag "absolut siegessicher" zeigte, getraute er sich keine Prognose über seine Wiederwahl und damit seinen Kurs der "Wiedervereinigung" mit dem blauen Lager des in Kärnten nicht sonderlich beliebten Strache abzugeben. Scheuch: "Es wird eine klare absolute Mehrheit sein, und die absolute Mehrheit beginnt bei 50 Prozent."

Viele Kärntner Freiheitliche sind nach wie vor durch den neuerlichen politischen Farbenwechsel irritiert, zumal sich die Mutter Dorothea und die Schwester des verunglückten Erblassers Uschi Haubner gegen den Scheuch-Putsch gestellt hatten. Haider-Witwe Claudia, die wie der Chef des orangen Rumpf-Bündnisses Josef Bucher eine Urabstimmung unter den 5800 freiheitlichen Mitgliedern gefordert hatte, hält sich vor dem Parteitag bedeckt.

"Getürkter" Parteitag

Der von der Abspaltung der Kärntner völlig überrumpelte "Rechtsliberale" Bucher versuchte am Freitag noch einmal, den 360 Delegierten ins Gewissen zu reden. Die Abspaltung sei "Verrat am Erbe Jörg Haiders". Es sei zudem "unwürdig", wie Scheuch auf die gegen ihn erhobenen Korruptionsvorwürfe reagiert habe. Bucher will spontan über eine mögliche Gegenkandidatur zu Scheuch am Parteitag entscheiden. Immerhin haben er und BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner ein Rederecht am Parteitag erhalten.

Die vom BZÖ geforderte Urabstimmung lehnte Scheuch jedoch ab, ebenso die Nominierung des BZÖ-Nationalratsabgeordneten Sigisbert Dolinschek in die Stimmenzählungskommission. Bucher und Petzner vermuten deshalb, dass die Parteitagsdelegierten von Scheuch gezielt zu seinen Gunsten ausgewählt worden seien. Tatsächlich haben einige Mandatare, die dem BZÖ treu geblieben sind, keine Delegiertenkarten erhalten und mussten diese öffentlich einfordern. Bucher hat am Freitag eine Liste mit 1522 Unterschriften für eine geheime Urabstimmung über den künftigen Weg vorgelegt.

Die FPÖ-Bundesspitze nahm weder zur Abspaltung des FPK vom BZÖ noch zu den Korruptionsvorwürfen gegenüber Scheuch Stellung. Man wollte offenbar erst abwarten, welcher der beiden verfeindeten Parteiführer den Parteitag über-lebt. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, Printausgabe, 16.1.2010)