Mitte Mai 2009 informierten die Notenbankchefs das Finanzministerium über die Relativität ihrer positiven Beurteilung der Hypo.

Die Notenbank, die die Kärntner Hypo 2008 als "not distressed" eingestuft hat, relativierte dieses Zeugnis im Mai 2009. Ohne Bayern-Geldspritze, schrieb man Prölls Ministerium, wäre die Bank ein Sanierungsfall.

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Wien - Die Überraschung der Regierung, die selbige kundtat, als der Zustand der Kärntner Hypo Bank im Vorjahr öffentlich wurde, war groß. Noch am 24. Juli 2009 war Finanzminister Josef Pröll davon ausgegangen, dass die als "not distressed" eingestufte Bank die Zinsen (acht Prozent für die 900 Mio. Euro vom Staat) "regelmäßig bedienen kann", beantwortete der Minister eine Anfrage der Grünen.

Inzwischen weiß man es besser, die Bank ist verstaatlicht - und die Regierung in Wien wird nicht müde, die Versäumnisse der Kärntner und der Aufsicht zu rügen. Vor allem das Zeugnis der Nationalbank (OeNB) vom 18. Dezember 2008, wonach die Hypo "not distressed" (nicht notleidend; "sound", gesund, wurde tunlichst vermieden) sei, sorgt für Kopfschütteln.

EU äußerte Zweifel

Dabei war das Finanzministerium am 15. Mai 2009 über die Qualität dieser OeNB-Beurteilung informiert worden. In einem Brief an den für die Finanzmarktaufsicht zuständigen Beamten, Alfred Lejsek, erklärten die Notenbanker auf Anfrage die Lage. Die EU-Kommission hatte, nach den Staatshilfen für BayernLB und Hypo, gerade ein Beihilfenverfahren eröffnet. Und "Zweifel" geäußert, "dass es sich bei der Hypo Group HGAA um ein grundsätzlich gesundes Finanzinstitut handelt, ... da es scheint, dass die HGAA ohne Kapitalmaßnahme der BayernLB die Vorsichtsanforderungen nicht mehr eingehalten hätte" , wie es in dem Brief heißt (siehe Faksimile). Zur Erinnerung: Die Kärntner bekamen auch 700 Mio. Euro von ihrem bayerischen Aktionär.

Auch für sie, so die Bankenaufseher, habe die Münchner "Kapitalzuführung einen wesentlichen Faktor bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Bank dargestellt. Unter dieser Anrechnung kam die OeNB zum Ergebnis, dass die HGAA nicht als distressed im Sinne unmittelbar erforderlicher Rettungsmaßnahmen anzusehen ist" . Und, so heißt es in dem Schreiben des Direktoriums weiter: Ohne Einrechnung der Geldspritze der Bayern hätte die OeNB die Kärntner Bank Ende 2008 als "distressed" beurteilt.

Bank zahlte Flugtickets

Relativiert haben sich auch einstige Aussagen von Ex-Bankchef Wolfgang Kulterer und Landeschef Jörg Haider zu Libyen-Reisen im Juni 2000, wonach jeder selbst und Kulterer "privat" gezahlt habe. Nun sind Belege aufgetaucht, die zeigen, dass die Bank Haiders Ticket bezahlt hat; auch andere "Projekte" sollen über Girokonten von Büromitarbeitern des Landeshauptmanns von der Bank abgewickelt worden sein.

Aus einer dem STANDARD vorliegenden Rechnung des Reisebüros geht hervor, dass die Hypo Kulterers Tripolis-Reise am 26. Juni 2000 bezahlte: 1534,35 Euro. Um diese Zeit herum soll Haider erwogen haben, die Hypo an gaddafi-nahe Investoren zu verkaufen. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17.1.2010)