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Sieht Österreich als "musterhaftes Land im Hinblick auf die Demokratie": Ivo Josipović.

Foto: Reuters/Solić

Zagreb/Wien - Der neu gewählte kroatische Präsident Ivo Josipović verlangt im Standard -Interview, dass in der Causa Hypo Alpe Adria so schnell und effizient als möglich ermittelt wird - ohne Rücksicht darauf, wer involviert sei. Das könne der kroatische Ex-Premier Ivo Sanader sein oder auch der bayrische Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber.

Den Kampf gegen die Korruption auf höchster Ebene, die Kroatiens nationale Sicherheit gefährde, nennt der gewählte Präsident Ivo Josipović im Gespräch mit Veronika Wengert als seine Hauptaufgabe.

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STANDARD: Sie sind Sozialdemokrat, Premierministerin Jadranka Kosor gehört der konservativen HDZ an. Linker Präsident, rechte Regierungschefin - kann der Schulterschluss gutgehen?

Josipović: Der Staatspräsident hat die Pflicht, mit dem Premierminister zusammenzuarbeiten. Ich persönlich habe überhaupt keine Probleme damit und werde mich auf das konzentrieren, was derzeit alle politischen Kräfte vereint: Auf innenpolitischer Ebene ist das einerseits die Bekämpfung der Korruption, andererseits der Ausweg aus der aktuellen Krise. Außenpolitisch habe ich ebenfalls zwei Ziele: den EU-Beitritt unseres Landes, und zum anderen möchte ich das Verhältnis zu unseren Nachbarländern verbessern. Ich denke, dass auch die Premierministerin diese Ziele unterstützt.

STANDARD: Was können Sie als Staatspräsident konkret gegen die Korruption tun?

Josipović: Der Präsident hat zunächst einmal die Hoheit über die Sicherheitskräfte. Die Korruption gefährdet heutzutage die nationale Sicherheit im Land. Ich werde fordern, dass man dagegen ankämpft. Damit meine ich allerdings nicht die Korruption im Kleinen, womit sich eine andere Institution beschäftigen wird, sondern vielmehr die Korruption auf höchster Ebene. Dabei geht es um große Geschäfte, öffentliche Ausschreibungen, wo viel Geld im Spiel ist. Dabei müssen uns die Sicherheitskräfte helfen. Zudem brauchen wir in Kroatien ein neues Klima, denn derzeit begleitet uns ein korruptives Bewusstsein.

STANDARD: Viele kritisieren, dass die österreichische Hypo-Bankengruppe relativ aggressiv auf dem kroatischen Markt auftrat. Die kroatische Staatsanwaltschaft untersucht derzeit einige Geschäfte. Werden Sie sie dabei unterstützen?

Josipović: Auf alle Fälle. Die Staatsanwaltschaft muss den Fall untersuchen. Dabei sollte Klartext gesprochen werden. Am Schlimmsten ist es, wenn jemand ständig beschuldigt wird, kriminell zu sein, und dann stellt sich vielleicht doch das Gegenteil heraus. Daher bin ich dafür, dass man die Untersuchungen so schnell und effizient wie möglich durchführt. Und dann sagt, ob jemand schuldig ist - oder eben nicht.

STANDARD: Im Fall Hypo soll auch der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber Druck ausgeübt haben.

Josipović: Es darf keinerlei Rücksicht genommen werden, wer daran beteiligt ist. Es ist mir wirklich vollkommen gleichgültig, wer in die ganze Sache involviert ist. Das kann unser ehemaliger Premierminister (Ivo Sanander, Anm.) oder der ehemalige bayerische Ministerpräsident oder sonst wer sein. Für alle müssen die gleichen Kriterien gelten.

STANDARD: Sie stimmten im Parlament gegen die Unterzeichnung des Abkommens mit Slowenien, das den Grenzstreit regeln soll.

Josipović: Ich war dagegen und bin immer noch der Meinung, dass dies kein guter Schachzug war. Er könnte sogar eine Art Euroskeptizismus hervorrufen. Allerdings wurde das Abkommen unterzeichnet, ich achte es.

STANDARD: Die EU fordert neben dem entschlossenen Kampf gegen die Korruption auch Justizreformen. Wie sehen Sie als Rechtswissenschafter das?

Josipović: Wir haben in den 1990er-Jahren einige falsche Maßnahmen eingeleitet. Vor allem im Hinblick auf die, nennen wir sie einmal "Säuberung" , im Rechtssystem. Es wurden Richter eingestellt, die fachlich versiert und korrekt sind, aber auch andere. Umfassende Reformen mit kurzfristigen Ergebnissen sind nicht möglich. Eines der wichtigsten Kriterien ist jedoch, dass die Rechtsprechung unabhängig ist. Wir können das alles nicht über Nacht kitten. Allerdings ist es wichtig, dass wir unsere Kriterien anheben und dass man unsere Bemühungen sieht.

STANDARD: Wird Kroatien die EU-Beitrittsverhandlungen noch heuer abschließen?

Josipović: Ich denke, das ist möglich. Zudem würde ich mir sehr wünschen, wenn wir der EU am 1. Jänner 2012 beitreten könnten.

STANDARD: Haben Sie besondere Pläne im Hinblick auf Österreich?

Josipović: Österreich hat Kroatien sehr bei seiner Unabhängigkeit geholfen sowie beim Aufbau eines europäischen Kroatien. Ich persönlich schaue mit großem Interesse auf Österreich, das ein musterhaftes Land im Hinblick auf die Demokratie ist. Das Modell können wir jedoch nicht einfach so übernehmen, da wir verschiedene Geschichtsschreibungen und Traditionen pflegen. Wir können jedoch Werte erkennen, was wir auch getan haben, und damit mit Hilfe von Österreich sicher einen Schritt schneller in Richtung Europäische Union schreiten. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.1.2010)