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Kritischer Geist hinter geschniegelter Fassade: Alfons Haider.

Foto: APA/Fohringer

Nein, was Alfons Haider da in Willkommen Österreich rotzte, ist nicht ganz neu: Es gibt seit Jahren kein Interview, in dem der 52-jährige Moderator, Schauspieler und Entertainer nicht versucht, über Substanzielleres als den Opernball zu reden. Bloß: Wenn Haider anderswo als im ORF sagt, dass Österreich "ein verlogenes, verschissenes Land" ist, das "Flüchtlinge wie Tiere behandelt", nimmt davon keiner Notiz. Das sagt auch einiges über Medienrezeption aus.

Denn nur auf den ersten Blick ist Haider bloß der ORF-Mann für alles, was glitzert und nicht mehr Tiefgang braucht als Dancing Stars: Einer, der seit seinem Karrierestart in den 80er-Jahren (im Ringstraßenpalais) auf die Rolle des Traumschwiegersohnes älterer Zuseherinnen abonniert war, ist für derlei eben lebenslänglich erste Wahl. Haider nahm diese Wahl an.

Das gelang ihm auch, weil er den für eine österreichische Staatsfunk-Karriere unverzichtbaren Verhaberungstanz mit allen und jedem gut beherrscht: Mit Hans Dichand ist nicht nur Alfons Haider gut - aber bei Bedarf auch gleichzeitig als SP-nah und dennoch sehr guter Freund von Erwin Pröll durchzugehen, das muss ihm erst einmal jemand nachmachen.

Doch das ist auch die Tragödie des Entertainers: Unter der geschniegelten Oberfläche und einer Applaus primär an der Lautstärke messenden Persönlichkeit steckt nämlich ein sehr politischer Geist. Einer, der etwa in Menschenrechts- oder Flüchtlingsfragen ungeachtet etwaiger Popularitätsverluste Position bezieht. Immer schon.

Bloß: Für Österreich ist Haider im Glamour-Eck daheim. Dass er schwul ist, ist dazu kein Widerspruch. Alles andere aber wird weder wahr- noch ernst genommen. Zuletzt, als er 2007 Günther Platter (damals Innenminister) wegen Arigona Zogaj den Fehdehandschuh hinwarf. Auch sein Wunsch, Jörg Haider verbal herausfordern zu dürfen, verhallte - obwohl Haider (Alfons) mehr als vorbereitet angetreten wäre. Dafür bürgt der professionelle Ehrgeiz, mit dem er noch den kleinsten Auftritt angeht.

Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass ihm die Tirade bei Grisse- und Stermann "passiert" ist: Haider weiß, was er wann wo sagt - und hat das nur einmal bereut: Nach seinem Selbst-Outing vor zwölf Jahren wurde seine Mutter tätlich angegriffen. Seither gibt es nur eine denkbare Situation, in der er die Kontrolle über sich verlieren könnte: Wenn er die Täter von damals in die Finger bekäme. (Thomas Rottenberg, DER STANDARD; Printausgabe, 16./17.1.2010)