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Österreich fährt jährlich mit rund 400.000 Tonnen Streusalz gegen Glatteis an. Heuer steigt der Bedarf um gut 100.000 Tonnen.

Foto: APA/Wulz Services/Wien Holding

In Österreich gibt es keine Engpässe, versichern die Salinen. Doch private Dienstleister fühlen sich wie auf Glatteis. Streusplitt ist auf der Verliererstraße.

Wien – Manfred Renz braucht Salz. Die bis zu dreifache Menge sei nötig, um den Bedarf seiner Kunden zu decken. Derzeit müsse er viele vertrösten, seufzt er. Die Kältewelle führe europaweit zu Engpässen, die Lage sei wahrlich verzwickt.

Renz' Familie handelt in Österreich in der vierten Generation mit Streusalzen. Kunden reichen von privaten Winterdienstleistern für Gemeinden bis zu Industriebetrieben und Lebensmittelhändlern.

Der massive Wintereinbruch in Deutschland hat viele dortige Anbieter dazu veranlasst, ihre Exporte kurzfristig zu stoppen. Zu Dumpingpreisen verkauftes Salz ist damit Mangelware. Die extremen Bedingungen erforderten auch kluge Planung österreichischer Hersteller – um die Autobahnmeistereien ausreichend zu versorgen, würde die Industrie eben private Kunden wie seine Alpensalz GmbH knapper halten, sagt Renz. Er stelle sich darauf ein, dass der Markt diesen Winter da und dort eintrockne.

Granit, Splitt, Sand

Der harte Winter führt Europa aufs Glatteis. In Deutschland greifen Straßenmeistereien zu Speisesalzen, Granit, Splitt und Sand, um den Engpass an Streusalz zu kompensieren. Städte und Gemeinden werden teils nicht mehr beliefert, bestätigt Harald Müller, Prokurist der Südsalz, neben Esco und Wacker einer der größten deutschen Salzhersteller. Wer keine langfristigen Verträge habe, werde hintangestellt. "Wir kommen mit der Lieferung nicht mehr nach." In den vergangenen zwei Wochen wurde mehr bestellt, als die Südsalz innerhalb eines Jahres produziere – auch wegen vieler Panikkäufe.

Händeringend Salz suchen zudem Länder wie die Schweiz, England und Irland. Die Märkte sind regional strukturiert. Denn Salz ist günstig und fast überall verfügbar, und teurer Transport macht großen internationalen Handel wenig lukrativ. Bestellt und eingelagert wird im Sommer. Nachorder sind daher vielfach problematisch.

Die Salinen Austria werden derzeit mit internationalen Anfragen geradezu überschwemmt, sagt ihr Vorstandschef Stefan Maix im Gespräch mit dem Standard. Es wäre ein Leichtes, sich mit Spotgeschäften schnelles Geld zu verdienen – man werde dieser Versuchung jedoch nicht erliegen. Oberste Priorität habe die Versorgung in Österreich, und die sei auch in diesem Winter sichergestellt. Von einem Engpass könne keine Rede sein.

Österreich tritt Jahr für Jahr mit durchschnittlich 400.000 Tonnen Streusalz gegen Glatteis an. Heuer könnten 500.000 Tonnen erforderlich sein, schätzt Maix. Bis zu 80 Prozent davon stellen die Salinen. Sie haben seit der Wintersaison vor vier Jahren, als auch Österreich das Salz ausging, stark aufgerüstet. Die Lagerkapazität wurde um ein Drittel auf 300.000 Tonnen erweitert, die monatliche Produktion liegt bei 45.000 Tonnen. Täglich können 700 Lkws abgefertigt werden, rechnet Maix vor, das sei doppelt so viel wie vor einigen Jahren. 40 Millionen Euro Umsatz bringe das Streusalz und zugleich ein Drittel des Gesamtgewinns.

Deutschland mischt mit

Größter Auftraggeber ist die Asfinag, sie benötigt bis zu 125.000 Tonnen im Jahr – und greift dabei auch auf deutsche Salze zurück: Die Südsalz hat sich Tirol gesichert und will sich in Österreich noch stärker einbringen, sagt Müller: "Im Oktober steht die nächste Ausschreibung der Asfinag an. Da wird der Markt neu gemischt."

Neben Südsalz wagt sich Europas Marktführer Esco auf das ös-terreichische Eis, wenngleich der Süden nicht Priorität habe, betont Sprecher Holger Bekemeier. Auch Ost-Händler mit Steinsalz aus der Ukraine versuchen ihr Glück. Alternativen zum Salz sind rar, obwohl Umweltschützer seit Jahren vor den Schäden warnen, die es in Grundwasser und Böden anrichtet. Auf der Verliererstraße ist zudem der Streusplitt. Der Bedarf habe sich seit dem Jahr 2000 halbiert, sagt Carl Hennrich vom Verband der Stein- und keramischen Industrie, viele Schotterhersteller überlegten nun den Rückzug.

Die Debatte rund um den Feinstaub habe ihnen hart zugesetzt. Splitt sei zudem weniger arbeitsintensiv als Streusalze. "Die Straßenmeistereien können damit ihre Leute eben besser auslasten." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17.1.2010)