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Grafik: APA/Guardian

Hunderte Leichen häufen sich auf dem Boden des Zentralkrankenhauses von Port-au-Prince. Verzweifelte Haitianer suchen dort mit bloßen Händen nach Angehörigen, nach Freunden. Vor Mund und Nase haben sie alkoholgetränkte Tücher gepresst, gegen den Gestank. Daneben flehen Verletzte um Hilfe und Behandlung, Mediziner hetzen vorbei. Nach dem Beben von Dienstag kämpfen die Ärzte im beschädigten Spital einen aussichtslosen Kampf.

"Ich habe endlich meine Cousine gefunden", sagt Jean Lionel Valentin. Der Mann zeigt auf einen reglosen Körper, der mit einem weißen Tuch bedeckt ist. "Aber niemand will mir helfen, sie zu transportieren. Ich werde sie hierlassen müssen."

Die improvisierte Leichenhalle ist überfüllt, und jede halbe Stunde bringt ein Polizeilastwagen neue Tote. Eine Krankenschwester lässt ihren Blick durch die Halle schweifen und warnt: "Wir müssen die Toten beerdigen, damit die Stadt sich nicht in einen gigantischen Seuchenherd verwandelt."

Das Beben hat das Zentralkrankenhaus der haitianischen Hauptstadt dermaßen beschädigt, dass keine seiner Abteilungen normal arbeiten kann. Inmitten der Schreie und Tränen versuchen zwei erschöpfte haitianische Ärzte, Verletzte zu behandeln, die zu Dutzenden kommen. Manche Patienten hocken zusammengesunken auf dem Boden, andere haben sich müde auf Matratzen ausgestreckt. Und alle warten und hoffen, dass sie das Chaos irgendwie überleben.

"Doktor, Doktor", schluchzen Verletzte, bis ein Arzt erscheint. "Wir geben ihnen Beruhigungsmittel und eine Salzlösung bei Dehydrierung", erklärt der Mediziner Givenson Foite. "Bestimmte Wunden nähen wir auch, aber wir haben nichts, um die schweren Fälle zu behandeln." (Beatriz Lecumberri aus Port-au-Prince, DER STANDARD Printausgabe, 16./17.01.2010)