Die 27 neuen EU-Kommissarinnen und -Kommissare werden voraussichtlich Ende Jänner ihre Arbeit aufnehmen. Sie erwartet eine Reihe von in letzter Zeit teilweise krisenbedingt vernachlässigten drängenden Themen. Dies gilt besonders für den Bereich Steuern und Finanzen.

Hier steht unmittelbar die Begleitung der Mitgliedsländer bei der Erarbeitung und Umsetzung einer Exit-Strategie aus der krisenbedingten Verschuldungssituation an. Die Krise hat jedoch auch verdeutlicht, wie wichtig die weitere Stärkung des präventiven Arms des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist: Nun rächt sich nämlich, dass nicht alle EU-Länder - darunter auch Österreich - die konjunkturelle Hochphase vor der Krise dazu genutzt haben, die öffentlichen Defizite abzubauen und so den für eine effektive Krisenbekämpfung benötigten Spielraum zu schaffen. Dies durch eine Reform des Stabilitätspaktes - etwa durch Belohnungen, wenn in guten Zeiten besonders hohe Überschüsse erwirtschaftet werden - zu unterstützen sollte eine Kernaufgabe des designierten Wirtschafts- und Währungskommissars Olli Rehn werden.

Eine weitere Baustelle ist die Formulierung von Reformvorschlägen für das Finanzierungssystem des EU-Haushalts. Der neue Budgetkommissar Janusz Lewandowski behält hoffentlich seine im Hearing offenbarte Offenheit für eine eigene EU-Steuer als substanzielle Finanzierungsquelle für das EU-Budget bei und unterstützt dabei Steuern, die neben einem bedeutenden Einnahmenpotenzial auch positive Lenkungswirkungen haben wie eine EU-weit eingeführte Steuer auf Finanztransaktionen oder auf Flugbenzin. In diesem Zusammenhang wäre auch der Ende 2009 vorgelegte Vorschlag einer EU-weiten CO2-Steuer, die etwa einen weltweiten Klimaschutzfonds mitfinanzieren könnte, zu konkretisieren.

Im Steuerbereich steht daneben die (weitere) Angleichung von auf nationalstaatlicher Ebene erhobenen Abgaben auf der Agenda. Sein Vorgänger László Kovacs hat mit seinen Vorschlägen zur Schließung bestehender Schlupflöcher im Bereich der Zinsbesteuerung wichtige Vorarbeiten für den künftigen Steuerkommissar Algirdas Semeta geleistet. Diese Stoßrichtung sollte weiter verfolgt werden. Eine effektive Durchsetzung der Zinssteuerrichtlinie erfordert erstens die Miteinbeziehung der bisher ausgenommenen Aktien, Investmentfonds, Zertifikate und Lebensversicherungen, des Vermögens der Kapitalgesellschaften sowie der Stiftungen.

Ein zweiter logischer Schritt ist die Ausdehnung des automatischen Kontrollmitteilungssystems auf sämtliche Mitgliedsländer der europäischen Union (also auch die bisher ausgenommenen Länder Luxemburg und Österreich) und relevante Drittstaaten wie die Schweiz, Liechtenstein oder Monaco. Neuer Schwung ist auch für die stagnierenden Arbeiten an einer einheitlichen Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer zu erhoffen: Sie würde eine erhebliche Vereinfachung und größere Transparenz der europäischen Unternehmensbesteuerung bewirken. Wiederaufgenommen werden sollten schließlich auch die Bemühungen zur Vereinheitlichung der Pkw-Besteuerung mit dem Ziel, deren CO2-Komponente deutlich zu stärken: Nach dem inzwischen fünf Jahre alten Richtlinienentwurf dazu sollte eigentlich schon 2010 mindestens die Hälfte des Aufkommens aus der Kfz-Steuer auf einer CO2-Komponente beruhen.

Es steht zu hoffen, dass die Verschärfung der budgetären und strukturellen Probleme vieler Mitgliedsländer durch die Krise in all den genannten Bereichen endlich substanzielle Fortschritte bewirkt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17.1.2010)