Wien - Die Grazer Wechselseitige Versicherung (Grawe) hatte 2007 den Ausstieg aus der Vereinbarung mit der Investorengruppe Berlin zur Veräußerung eines 15-prozentigen Anteils an der Hypo Alpe-Adria erwogen, schreibt das Nachrichtenmagazin "profil" in seiner neuen Ausgabe. "Wir haben das seinerzeit geprüft, ein Ausstieg war nicht möglich", wird Grawe-Chef Othmar Ederer in dem Magazin zitiert.

Die Grawe sei "vertraglich gebunden" gewesen. Ederer zufolge sollen die Konditionen des Berlin-Geschäfts - also der Erwerb von 9,1 Prozent über zwei Kapitalerhöhungen und Aufstockung auf die Sperrminorität mithilfe der Grawe - am 11. Dezember 2006 fixiert worden sein. "Ab diesem Tag", so Ederer, "war der Deal aus unserer Sicht erledigt. Alles, was danach kam, konnten wir mangels entsprechender Vertragsklauseln nicht mehr beeinflussen." Der Gruppe Berlin sei es freigestanden, mit den Anteilen zu machen, was sie wollte.

Ederer wurde auch wieder gefragt, wann er erstmals vom Interesse der Bayerischen Landesbank erfahren habe. "Wir wussten ab Ende Jänner 2007, dass die Bayern ernsthaft an der Hypo interessiert sind", sagte er im "profil".

Laut "Presse" fordert nach den Vorgängen bei der Kärntner Hypo und der Tilo-Berlin-Gruppe die SPÖ unterdessen - einen neuerlichen Angriff auf die Steuerprivilegien von Privatstiftungen. Die Transaktion, bei der eine Gruppe von Investoren um den Vermögensverwalter Tilo Berlin beim Verkauf der Hypo-Anteile an die BayernLB kolportierte 150 Mio. Euro Gewinn erzielt hat, sei steuerschonend abgewickelt worden.

Wer in Österreich Beteiligungen binnen eines Jahres verkauft, muss 50 Prozent des Gewinns an Spekulationssteuer abliefern. Die Berlin-Gruppe hatte die "Berlin & Co Capital S.A.R.L." in Luxemburg zwischengeschaltet. Dort sind Veräußerungen von Beteiligungen meist steuerfrei. Die österreichischen Privatinvestoren erhielten die Ausschüttungen in Form von Genussrechten. In dem im Jahr 2007 geltenden Stiftungsrecht galt die Bestimmung, dass bei Gewinnausschüttungen von ausländischen Kapitalgesellschaften keine Abgaben anfallen. Diese Steuerfreiheit galt bei der Privatstiftung unabhängig vom Beteiligungsausmaß und der Behaltedauer der Anteile.

Jene österreichischen Privatpersonen, die von der Transaktion nicht über eine Stiftung profitiert haben, mussten 25 Prozent Steuer zahlen. Die "Presse" beichtet von unbestätigten Gerüchten, dass einige Privatpersonen bei der Finanz deswegen Selbstanzeige erstattet haben. Harald Waiglein, Sprecher des Finanzministeriums, meinte dazu dem Blatt gegenüber: "Kein Kommentar." Die Angelegenheit birgt dennoch politischen Zündstoff. Die SPÖ will mit den ihrer Ansicht nach "Ungerechtigkeiten" im Stiftungsrecht aufräumen.

Laut ORF wird in der Hypo-Alpe-Adria-Affäre nicht nur in München und Klagenfurt, sondern auch in Liechtenstein ermittelt, wegen des Verdachts auf schweren gewerbsmäßigen Betrug, wie es am Samstag ohne Quellenangabe hieß.

Wie die "Süddeutsche Zeitung" vor einer Woche im Rahmen der Hypo-Affäre berichtet hat, hat die Liechtensteiner Finanzaufsicht 2008 dem Management der Tochterbank in Liechtenstein "Marktmanipulation", "Nichteinhaltung des nationalen Sorgfaltpflichtgesetzes sowie von Geldwäschebestimmungen" vorgeworfen. Die Finanzaufsicht in Kanada habe den Vaduzer Ableger der Kärntner Bank auf alle Zeiten vom Wertpapier- und Devisengeschäft in der kanadischen Provinz British Columbia ausgeschlossen. (APA)