Was für ein Desaster. Da hab ich dem Josef Faber eine 300er Vespa samt Winterausrüstung aus der Seite geleiert, und dann liegt kein Schnee. Ursprünglich wollte ich mit der Vespa den Christbaum holen - die Reißerische hätte ihn sich zwischen die Schenkerl zwicken können, und wir hätten auf zwei Kilometern die Wintertauglichkeit der Vespa bewiesen, dass die Fachpresse mit den Ohrwascheln gewackelt hätte.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Die Reißerische hatte ich soweit - das war nicht das Problem. Ein Blick auf meinen Kontostand zeigte, dass ein Christbaum heuer nicht drinnen ist. Stattdessen haben wir die Stehleiter aus dem Keller geholt, ein inzwischen grünes Tischtuch drüber geworfen und dort die Plastikkugeln draufgehängt.

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Nach den faden Weihnachten hab ich fix mit Silvester gerechnet. Das alljährliche Neujahrsspringen mit dem Sulzi hab ich abgesagt und Silvester kurzerhand in SilVespa umbenannt.

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Kurz vor Mitternacht hätten wir uns auf die Vespa geschwungen, wären mit ihr durch den Schnee gefahren und spätestens um Mitternacht hätten wir auf einer Kreuzung ein Feuerwerk durch eine Vollbremsung entfacht, dass keiner mehr in den Himmel geschaut hätte. Aber zu SilVespa lag auch kein Schnee. Es gab keinen Grund, mit der GTS zu fahren. Also gingen wir zeitig schlafen.

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Wo bleibt der Nervenkitzel?
Auf der trockenen Straße zu fahren, nur weil es kalt ist, ist jetzt auch nicht der Knüller. Ist schon klar. Der Faber hat ein paar Allwetter-Reifen auf die Wespe geknallt, damit man den Winter über durchfahren kann. Und der Reifen hat ordentlich Grip. Aber hallo. Darum ist der Nervenkitzel, am kältesten Tag des Jahres zu fahren, gar kein so großer, wenn kein Schnee liegt.

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Da muss man schon eine ordentliche Schräglage haben, damit der Pneu den Halt verliert. Sogar am nassen Zebrastreifen kann man noch verzögern. Die Augen fielen mir nie deswegen aus dem Gesicht, weil der Grip abgerissen wäre, sondern weil ich auf 100 Metern mindestens zwei Mal übersehen wurde.

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Heidenau Winterschuhe
Die Reifen, die der Faber montiert hat, sind Heidenau K66 LT. Das sins Allwetter-Reifen, extra für Roller entworfen, die durch ihre Lamellen und die weichere Gummimischung mehr Grip auf nasser Straßer haben, selbst wenn die kalt ist als wie.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Heidenau, ein Reifenhersteller in der Nähe von Dresden, der sich auf die Erzeugung von Spezialreifen - etwa für Trabanten - konzentriert, hat sogar Winterreifen für Roller und Motorräder. Wie müssen die erst picken, wenn der Allwetter-Reifen schon so hält? Und kann man sie innerhalb von 1000 Metern bis aufs Gewebe runterfahren?

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Die Laufleistung der weichen Reifen kann natürlich nicht mit einem normalen Straßenreifen mithalten, der erhöhte Reifenabrieb schont dafür die Karosserie. Für einen Satz Reifen, wie für die 300er Vespa, verlangt der Faber nicht einmal 200 Euro - 93,60 Euro kostet der Vorderreifen in der Dimension 120/70 - 12 58S, 99 Euro der Hinterreifen in der Dimension 130/70 - 12 62P.

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Um das Geld gehen sich nicht viele Spenglerstunden aus, mit einem Satz kommt man aber locker über den Winter. Doch, was macht der Reifen bei Schnee? Hält er noch? Oder ist das dann Schlitten fahren auf zwei Rädern und einem Lenker?

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Endlich Schnee in Wien
Jetzt hat es endlich geschneit. Also sind wir rauf auf die Vespa, noch bevor die Straße geräumt war. Zentimeterhoch lag der Schneematsch, der vom Salz in einer Konsistenz gehalten wurde, die an das Frappé erinnert, das ich zu Weihnachten gerne gegessen hätte. Über die Schneematschberge zu rodeln, die in der Straßenmitte lagen, war nicht leicht, aber notwendig, um die Autos zu überholen.

Foto: Gabriele Gluschitsch

Dabei fangt die Vespa natürlich schon zu schlingern an, und man bremst besser nicht, wenn das Vorderrad gerade am höchsten Punkt der Schneewechte angekommen ist. Also sagen wir, bei einem 60er auf fünf Zentimeter Matsch macht man besser keine gachen Lenk- oder Bremsmanöver

Foto: Gabriele Gluschitsch

Mit einem 30er hinter den Autos herzuzuckeln, in denen jemand sitzt, der sich vorm Wetter und dem Bremsweg mehr fürchtet als ein Gastronom vor der Steuerprüfung, geht aber auch nicht. Aber wer das Risiko scheut fährt sowieso mit dem Zug.

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Auf losem Schnee, abseits der Straße, ist es fast unglaublich, wie viel Grip der Reifen aufbaut. Der Schnee frisst sich in die Lamellen, und man kann sogar leichte Steigungen im Park rauf fahren.

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Da wird die Vespa beinah zur Enduro. Gelegen ist die Vespa dann aber trotzdem. Es war ein Suchrätsel, die weiße GTS im Schnee zu finden, nachdem sie bei den Standaufnahmen einfach umgefallen ist, weil sich der Seitenständer zu tief in den Boden gebohrt hat. Aber sie ist ja weich gefallen. Wie ich auch, als ich lossprintete, um sie wieder aufzuheben. (Guido Gluschitsch, Fotos: Gabriele Gluschitsch)

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