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"Es gibt nur einen Weg zum Glück, und der bedeutet aufzuhören mit der Sorge um Dinge, die jenseits der Grenzen unseres Einflussvermögens liegen." Kluge Worte von Epiktet, dem letzten großen Stoiker - aber wie nützlich sind sie wirklich? Denn die eigentliche Frage ist: Was liegt diesseits, was jenseits unseres Einflussvermögens? Wären wir - im Umkehrschluss zu Epiktet - glücklicher, je enger wir unseren Entscheidungs-und Gestaltungsraum definierten? Mehr Ruhe, mehr Gelassenheit, das wünschen sich wohl viele Manager im harten Entscheidungsalltag. Aber an das beschauliche Glück in der Besinnung auf unsere Grenzen glaube ich nicht.

Wer von Sachzwängen redet und hilflos die Schultern zuckt, wird weder heute und erst recht morgen nicht glücklich. Gestalter - ob Manager, Künstler oder Politiker - haben die Pflicht, die Grenzen des Möglichen immer wieder infrage zu stellen und ein Stück weiter zu versetzen. Ist das eine Anleitung zum Unglücklichsein? Hier helfen uns die Ergebnisse der boomenden Disziplin der Glücksökonomie, zu der auch der Nobelpreisträger und Psychologe Daniel Kahnemann zählt. Diese hat den homo oeconomicus zugunsten des "Glücksjägers" verabschiedet, der auf der Suche nach Sex, sozialem Zusammensein und Partnerschaft ist.

Glück in der Selbstverwirklichung

Aber ganz nach Maslow gilt: Je höher der Wohlstand, desto mehr sucht man sein Glück in der Selbstverwirklichung. So korreliert das BSP seit den 60er-Jahren immer weniger mit der Zufriedenheit im Land. Die Politik müsste deshalb zu Messgrößen übergehen, die stärker die Zufriedenheit in den Mittelpunkt rücken "Glüx" als neuer Index? Dieser würde mit dem Gefühl der eigenen Gestaltungsfähigkeit steigen, in der Passivität sinken. Gut so: Denn große Verbesserungen verdanken wir meist jenen, die sich nicht abfinden wollten. Vor allem, wenn's scheinbar aussichtslos war.

Ein beeindruckendes Beispiel dafür lieferte uns der Polarforscher Sir Shackleton bei der Antarktisüberquerung im Jahr 1914. Der charismatische Wissenschafter schaffte es, die Mannschaft der "Endurance" nach einem Schiffbruch vollzählig zu retten. Er bewies Führungskunst in der Krise. Seine Persönlichkeit, getragen von einem unerschütterlichen Optimismus und Einfühlungsvermögen für seine Männer, verschaffte ihm große Loyalität und den lebensrettenden Zusammenhalt in der kritischen Situation.

Der Glaube an Veränderungsfähigkeit gibt Kraft zum Handeln - vor allem in Krisen. Ein starkes Motiv, eine große Idee, eine unglaubliche Energie und Optimismus: Steven Jobs hat es bei Apple bewiesen, Bob Essener bei Wyeth, Jun Jang-Yong bei Samsung. Wer in der Krise steckt, muss so wie Shackleton handeln, um glücklich zu sein - und nicht Epiktets stoischem Weg folgen und den Rückzug nach innen suchen. Denn was geht und was nicht geht, das steht erst dann fest, wenn man es probiert hat. Eine Frage der Haltung also - wie der Optimismus. Denn jede Veränderung ist, wie es in einem französischen Sprichwort heißt, eine Tür, die nur von innen geöffnet werden kann.