Saddams "Republikanische Garden" aufgerieben, nur noch unorganisierter Widerstand, alliierte Vorstöße bis ins Zentrum von Bagdad: In der vergangenen Woche hat die stets zweckoptimistische Regierung Bush eine Reihe von militärischen Erfolgsmeldungen ausgestreut. Verifizieren lassen sich solche Behauptungen nur schwer, und auch wenn der Präsident selber vollmundig ankündigt, die "letzten Tage" des Saddam-Regimes seien gekommen, so ist doch der Irakkrieg augenscheinlich auch nach zweieinhalb Wochen noch keineswegs zu Ende.

Manche Meldungen vom Kriegsschauplatz - der Beschuss eines Konvois von russischen Diplomaten, ein besonders schwerer Fall von Friendly Fire im Nordirak, oder Berichte über die prekäre Versorgungslage in Bagdad - lassen sogar Zweifel daran aufkommen, dass alles nach Plan läuft und sich ein US-Sieg innerhalb von sechs Wochen abzeichnet. Alles, was darüber hinausginge, würde vor allem Donald Rumsfeld, dem obersten Kriegsplaner im Pentagon, schwer zusetzen.

Trotz der noch ungewissen Kriegsdauer toben aber inzwischen auch die Kämpfe an der Wiederaufbaufront heftig - und nicht nur zwischen Amerika und Europa. Auch in den USA ist die Frage, wer im Nachkriegsirak das Sagen haben soll, zu einem innenpolitischen Zankapfel erster Ordnung geworden.

Das hat seinen guten Grund: Es geht nicht nur um finanzielle Interessen und die Verteidigung von Ressortkompetenzen, sondern auch um Fragen von hohem politischem Symbolwert: Wer hat bei der Festlegung der Grundlinien der künftigen US-Außenpolitik das Sagen - und wie wird sich das Kräfteverhältnis Kongress-Regierung darstellen. Die altbekannte Kluft zwischen dem Pentagon und dem Außenministerium ist jedenfalls abermals aufgebrochen. Rumsfeld möchte sowohl bei der Besetzung der Nachkriegsverwaltung als auch beim Wiederaufbau die volle Kontrolle haben. Powell, dem viele Beobachter kurz vor dem Krieg attestiert hatten, er sei von der Taube zum Falken mutiert, gibt sich wieder deutlich "internationalistischer" und pocht darauf, dass diese Agenden beim State Departement bleiben.

Die zweite Front, an der gerittert wird, liegt zwischen Regierung und Kongress: Eine breite Mehrheit von Kongressabgeordneten fühlt sich mangelhaft über die Nachkriegspläne informiert - und neigt außerdem Powells Ansicht zu, dass der Wiederaufbau eine Aufgabe des Außenministeriums sei.

Solange der Krieg noch im Gange ist, müssen sich die Abgeordneten in alter patriotischer Tradition brav hinter den Präsidenten stellen. Doch wenn es um die Nachkriegsordnung geht, könnten dies einige Parlamentarier zum Anlass für einen Versuch nehmen, gegenüber einer Regierung, die sie seit dem 11. September 2001 ständig marginalisiert hat, wieder Boden wettzumachen.

Eine große Frage ist, ob es Powell gelingen wird, mit seinen Vorstellungen durchzudringen. Viele Ereignisse der letzten Monate lassen ihn als großen Verlierer erscheinen. Mit seinen Bemühungen um einen per UN-Mandat abgesegneten Krieg hat er diplomatischen Schiffbruch erlitten, und einstweilen sieht es so aus, als habe sich Bush ganz auf Rumsfelds Linie begeben.

Doch sollte man Powell nicht unterschätzen. Er hat schon mehrfach bewiesen, dass er zu Comebacks fähig ist, und im Match mit Rumsfeld darf er auf die Unterstützung seiner alten Militärfreunde im Pentagon rechnen, die Rumsfeld in herzlicher Abneigung verbunden sind.

Zudem ist Powell nach wie vor der beliebteste Politiker der USA - und je näher die Präsidentschaftswahlen des nächsten Jahres kommen, desto wertvoller wird sein Sympathiebonus auch für Bush selbst. Ob eher eiserne unilaterale Härte oder ein konzilianteres Weltverständnis die künftige Politik der USA bestimmen werden, das wird sich beim Wiederaufbau des Irak in aller Deutlichkeit zeigen - freilich erst dann, wenn der Krieg wirklich zu Ende ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.4.2003)