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Sowohl Oppositionsführer Janukowitsch als auch Ministerpräsidentin Timoschenko hatten nach Bekanntgabe der ersten Prognosen gut lachen.

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Ministerpräsidentin Julia Timoschenko bei der Stimmabgabe in einem Wahllokal in Dnipropetrowsk.

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Eine Frau gibt ihre Stimme für die Präsidentschaftswahl in ihrer Wohnung in Lwiw ab.

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Letzte Vorbereitungen an den Wahlkabinen vor der Wahl.

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Kiew - Nach der ersten Runde der Präsidentenwahl in der Ukraine rechnet sich die zweitplazierte Ministerpräsidentin Julia Timoschenko gute Chancen auf einen Sieg in der Stichwahl aus. Das mit Abstand stärkste Ergebnis erzielte bei der Abstimmung am Sonntag zwar Oppositionsführer Viktor Janukowitsch. Nach Einschätzung von Beobachtern dürfte er sein Wählerpotenzial aber bereits weitgehend ausgeschöpft haben, während Timoschenko in der zweiten Runde am 7. Februar auf viele Stimmen von Unterstützern ausgeschiedener Kandidaten hoffen kann. Entsprechend siegessicher zeigte sie sich und kündigte noch am Wahlabend Gespräche mit den unterlegenen Rivalen an.

Janukowitsch kam nach Auszählung von 80 Prozent der Stimmen auf 35,8 Prozent, wie die zentrale Wahlkommission am Montag mitteilte. Damit verfehlte er deutlich die für einen Sieg im ersten Durchgang nötigen 50 Prozent. Timoschenko vereinigte 24,7 Prozent der Stimmen auf sich. Amtsinhaber Viktor Juschtschenko erzielte erwartungsgemäß nur rund fünf Prozent und landete damit abgeschlagen auf Platz fünf: Der einstige Hoffnungsträger der Orangenen Revolution hatte sich in den vergangenen fünf Jahren in zeitraubende Machtkämpfe auch mit seiner einstigen Weggefährtin Timoschenko verstrickt und darüber zur Enttäuschung vieler Wähler die dringend nötigen Wirtschaftsreformen aus den Augen verloren.

Ministerpräsidentin setzt auf Stimmen unterlegener Kandidaten

Janukowitsch habe keine Chance auf einen Sieg in der zweiten Runde, sagte Timoschenko am Sonntagabend nach Veröffentlichung erster Prognosen, die ihren Rückstand allerdings deutlich kleiner ansetzten. "Ab heute bin ich bereit für Gespräche, damit wir damit vorankommen, die demokratischen Kräfte zu vereinigen." Ein Unsicherheitsfaktor dabei ist, dass in der ukrainischen Politik Persönlichkeiten traditionell weit mehr zählen als Parteien. Selbst die Wahlempfehlung eines populären Konkurrenten ist deshalb keine Garantie für die Stimmen seiner Wähler. Dennoch rechnen Beobachter wie Andrew Wilson vom European Council on Foreign Relations damit, dass die meisten der ausgeschiedenen Bewerber sich für die Ministerpräsidentin aussprechen und ihr damit Rückenwind verschaffen werden.

Janukowitsch dürfte es dagegen Experten zufolge schwerfallen, Wähler außerhalb seiner eingeschworenen Anhängerschaft im russischsprachigen Osten und Süden des Landes zu mobilisieren. Wilson sagte, der Oppositionschef habe ganz auf einen Durchmarsch in der ersten Wahlrunde gesetzt und sei damit gescheitert. Ein Ergebnis über 40 Prozent ist für ihn nach Einschätzung des Analysten Olexander Dergatschew unerreichbar.

Der mit 13 Prozent Drittplazierte, der populäre frühere Zentralbankchef Sergej Tigipko, will nach eigener Ankündigung ebenso wie Ex-Parlamentspräsident Arsenij Jazenjuk als Vierter auf eine Wahlempfehlung verzichten. Ein Timoschenko-Berater zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass es in den kommenden Tagen zu einem Treffen mit Tigipko kommen werde.

Politisch trennt die beiden Hauptkontrahenten Janukowitsch und Timoschenko weniger, als ihre erbitterten wechselseitigen Angriffe im Wahlkampf vermuten lassen. Beide haben versprochen, die Armut zu bekämpfen und das Gesundheitssystem zu verbessern. Außenpolitisch wollen sie die unter dem pro-westlichen Amtsinhaber Juschtschenko auf einen Tiefpunkt gesunkenen Beziehungen zu Russland verbessern, ohne auf eine weitere Annäherung an Westeuropa zu verzichten. Dabei geht es ihnen auch darum, Gasliefer-Engpässe wie in der Vergangenheit zu vermeiden.

Investoren erwarten außerdem, dass nach der Wahl Wirtschaftsreformen in Gang gebracht werden und damit auch wieder die ausgesetzten Milliardenhilfen des Internationalen Währungsfonds an die Ukraine fließen können.

Janukowitsch: "Der heutige Tag markiert das Ende der orangenen Macht"

Janukowitsch sagte in einer Fernsehansprache: "Der heutige Tag markiert das Ende der orangenen Macht. In der zweiten Runde wird es keinen Platz für (Juschtschenko) geben. Er hat offiziell das Vertrauen der Menschen verloren." "Ich habe das Gefühl, dass das ukrainische Volk eine Wende will", betonte der pro-russische Politiker. Der Chef der Partei der Regionen will nach Jahren der Konflikte mit Russland unter Juschtschenko künftig Moskaus Interessen stärker berücksichtigen. Entscheidend für den Ausgang der Stichwahl dürfte sein, für welches Lager sich der Drittplatzierte, der Bankier und Ex-Wirtschaftsminister Sergej Tigipko, entscheidet. Er kam auf gut 10 Prozent der Stimmen.

Der im russisch geprägten Osten und Süden des Landes beliebte Janukowitsch versprach an dem eiskalten Wahltag in Kiew eine enge Zusammenarbeit mit Russland und der Europäischen Union. Die Wähler im zweitgrößten Flächenland Europas hofften vor allem auf ein Ende der jahrelangen politischen Grabenkämpfe. Das wichtigste Transitland der EU für russische Gaslieferungen erlebt derzeit die schwerste Krise seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor 20 Jahren.

OSZE: Wahl fair und frei

 

Die Wahl ist nach dem Urteil von Beobachtern auf "demokratisch hohem Niveau" verlaufen. Der erste Wahlgang sei von Respekt für die bürgerlichen und politischen Rechte geprägt gewesen. Das teilte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Montag in Kiew mit. Die Menschen in der Ex-Sowjetrepublik hätten eine echte Auswahl unter den 18 Kandidaten gehabt. Der Wahlkampf sei fair und frei verlaufen. Zugleich mahnte die OSZE eine Optimierung des ukrainischen Wahlgesetzes an.

Die Beobachter hoben besonders die Rolle der in der Ukraine unabhängigen Medien hervor, die eine Vielfalt an ausgewogenen Informationen über die Kandidaten geboten hätten. Auch die Auszählung der Wahlzettel sei professionell gewesen. "Diese Wahl war insgesamt effektiv und mit Respekt für die grundlegenden Freiheiten organisiert - trotz lückenhafter und widersprüchlicher Gesetze", sagte die leitende OSZE-Wahlbeobachterin Heidi Tagliavini (Schweiz). Auch andere Delegationsmitglieder bezeichneten die Abstimmung als einen Sieg der Freiheit im postsowjetischen Raum. Die Lager der beiden Rivalen hatten sich am Wahltag gegenseitig Wahlfälschungen vorgeworfen.

Die Ukraine gilt unter den in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) organisierten Ex-Sowjetrepubliken als das Land mit den größten demokratischen Freiheiten. Der Westen hatte wiederholt die seit der Orangenen Revolution freien und unabhängigen Medien und den politischen Pluralismus gelobt.

Irritation um 400 "durchtrainierte" georgische Wahlbeobachter

Irritationen gab es am Wahltag allerdings um etwa 400 als Wahlbeobachter angemeldete Georgier. Die ukrainische Opposition warf den "durchtrainierten" jungen Männern vor, die Wahl zugunsten der pro-westlichen Kräfte um Regierungschefin Timoschenko gewaltsam manipulieren zu wollen. Georgien wies die Vorwürfe zurück.

Die Ukraine leidet besonders unter den Folgen der globalen Wirtschaftskrise. Ein Staatsbankrott konnte nur mit Hilfe eines Milliardenkredits des Internationalen Währungsfonds (IWF) abgewendet werden. Juschtschenko hatte sich in seiner Amtszeit in kraftraubende Machtkämpfe verstrickt und darüber dringend notwendige Wirtschaftsreformen aus den Augen verloren.

Juschtschenko trat am 23. Jänner 2005 das Präsidentenamt an. Janukowitsch war 2004 zunächst zum Sieger der Präsidentschaftwahl und Nachfolger seines autokratischen Vorgängers Leonid Kutschma erklärt worden. Nach wochenlangen Protesten der Opposition gegen das Wahlergebnis ordnete der Oberste Gerichtshof eine Wiederholung der Wahl für den 26. Dezember 2004 an, die dann Oppositionsführer Juschtschenko klar gewann. (APA/Reuters/apn/red)