Grafik: Der Standard

Linz - Im direkten Vergleich hätte Werner Faymann derzeit kaum eine Chance, seinen Kanzlersessel zu behalten. Von den ohnehin mageren 22 Prozent, die in der Kanzler-Umfrage des Linzer Market-Instituts im Dezember ausgewiesen waren, sind ihm zu Jahresbeginn zwei Prozentpunkte abhanden gekommen. Vizekanzler Josef Pröll ist in der Kanzlerfrage dagegen von 27 auf 32 Prozent gestiegen.

Trost für den Amtsinhaber: Erstens gibt es keine direkte Kanzlerwahl in Österreich. Und zweitens ist Faymanns SPÖ inzwischen wieder fast gleichauf mit der ÖVP, deren Vorsprung in den vergangenen Wochen kontinuierlich dahingeschmolzen ist.

Hatte die ÖVP Ende September (ein Jahr nach der Nationalratswahl) in der Market-Hochrechnung ihren Höchststand mit 34 Prozent erreicht, so ist sie in den Wochen darauf auf 32 Prozent und in der zweiten Jännerwoche 2010 auf 30 Prozent gesunken.

Die SPÖ, die Ende September mit 24 Prozent ihren tiefsten Stand (und gleichzeitig den größten Abstand zum Koalitionspartner) hatte, ist dagegen langsam, aber kontinuierlich in der Gunst der potenziellen Wähler gestiegen und liegt mit 29 Prozent in derselben Größenordnung wie die ÖVP. Welche Partei nun wirklich die Nase vorne habe, sei bei dieser Datenlage schwer zu sagen, übt sich Market-Chef Werner Beutelmeyer in Zurückhaltung. Derzeit gibt es ja keinen Wahlkampf. Und ob Pröll seinen Vorsprung in der Kanzlerfrage im Ernstfall in Stimmen ummünzen könnte, ist nicht bewiesen. Pröll war, im Unterschied zu Faymann, noch nie Spitzenkandidat.

Populismus-Test

Ob das Vorgehen der ÖVP bei der Planung des Asyl-Erstaufnahmezentrums im burgenländischen Eberau Zustimmung gekostet hat, wurde in der Umfrage nicht erhoben. der Standard ließ allerdings das Verhalten von Parteichef Pröll abfragen: "Die Bundesregierung hat sich in den vergangenen Wochen auch an ein paar unpopuläre Entscheidungen gewagt. Dazu gibt es zwei verschiedene Meinungen: Die einen meinen, dass die Politiker dafür gewählt und bezahlt werden, dass sie Probleme lösen und auch unpopuläre Lösungen vertreten." Dieser Meinung schlossen sich 58 Prozent an, Männer deutlich stärker als Frauen. ÖVP- und Grün-Wähler stärker als die Anhänger anderer Parteien.

Der populistischen Haltung, "dass Politiker unpopuläre Lösungen erst einer Volksbefragung unterziehen sollen, selbst wenn die eigentliche Lösung des Problems damit unmöglich wird" , schließt sich immerhin ein Drittel an: Unter den 34 Prozent dominieren die Anhänger der FPÖ und des BZÖ. Die Anhänger einer plebiszitären Verhinderungs-Demokratie sind in Kleingemeinden und unter Senioren stärker vertreten - und sie rekrutieren sich in hohem Maße aus den bildungsfernen Schichten. Dort haben sie eine noch größere Mehrheit als in den Rechtsparteien FPÖ und BZÖ. (Conrad Seidl/DER STANDARD-Printausgabe, 18. Jänner 2010)