Derzeit fehlt es in der Erdbebenregion auch an medizinischem Equipment. Die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" kritisierte am Sonntag ein Landeverbot für ihre Flugzeuge mit dringend benötigtem Material. Eine Maschine mit hunderten Tonnen Ladung, darunter ein aufblasbares Spital, sei am Samstag in Port-au-Prince abgewiesen und nach Samana in die Dominikanische Republik zurückgeschickt worden, gab die Organisation bekannt. Das gesamte Material müsse nun von dort per Lkw weitertransportiert werden und käme 24 Stunden später an. Dabei würden tausende Verwundete auf wichtige chirurgische Eingriffe warten.

Priorität für lebensrettende Lieferungen gefordert

Flugzeuge mit lebensrettenden Gütern und medizinischem Personal an Bord müssten unverzüglich Priorität erhalten, forderten die "Ärzte ohne Grenzen". Die lebensrettenden Lieferungen würden so rasch wie möglich benötigt. "Da werden offenbar die falschen Prioritäten gesetzt", kritisierte Irene Jancsy, österreichische Sprecherin der Organisation. Der Flughafen in Port-au-Prince sei überlastet, die Koordination schlecht. Die Organisation befürchtet nun weitere Verzögerungen. Auf die medizinische Versorgung herrsche ein "unglaublicher Andrang", so Jancsy.

Gesamte Spitze der UN-Mission in Haiti unter den Toten

Das verheerende Erdbeben nahe der Hauptstadt Port-au-Prince wurde auch für die Helfer der Vereinten Nationen zur Tragödie: Mindestens 36 Mitarbeiter der Friedensmission Minustah kamen ums Leben, viele werden weiterhin vermisst.

Unter den Toten ist auch die gesamte Spitze der UN-Mission in Haiti. Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon bestätigte am Samstag, dass der Missionschef Hedi Annabi aus Tunesien, dessen Stellvertreter, der Brasilianer Luiz Carlos da Costa und der UN-Polizeichef in Haiti, der Kanadier Doug Coates, tot aus den Trümmern geborgen worden seien.

Die EU-Außenminister kommen am Montag in Brüssel zu einer Sondersitzung über eine dauerhafte Unterstützung Haitis zusammen. Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) erklärte am Sonntag in der ORF-Pressestunde, dass Österreich bisher 800.000 Euro an Hilfsgeldern zur Verfügung gestellt habe. Den Vorwurf, dass dies zu wenig sei, wies Spindelegger zurück. Es handle sich um eine erste Hilfe. Nun solle eine internationale Konferenz einberufen werden.(APA, red, DER STANDARD Printausgabe 18.1.2009)